Bildung im Radio

Don Bosco on air auf Madagaskar

Seit mehr als 20 Jahren versorgt das Radio Don Bosco die Menschen auf Madagaskar mit Nachrichten, Kultur und religiösen Beiträgen. Ein wichtiger Auftrag in einer der ärmsten Regionen der Welt.

veröffentlicht am 01.01.2018

Für die 15 Kilometer vom Zentrum der Hauptstadt Antananarivo bis zum Flughafen braucht das Taxi eine Stunde. Auf der zweispurigen Straße staut sich der Verkehr; Stoßstange an Stoßstange. Das Brummen des Motors wird von madagassischen Songs auf Radio Don Bosco begleitet. „Ich höre Radio Don Bosco jeden Tag“, sagt der Fahrer und dreht lauter, als die Musik von der Stimme des Nachrichtensprechers unterbrochen wird.

Radio Don Bosco ging im Juni 1996 auf Sendung. „Mit unseren Radiosendungen wollen wir einen Beitrag zur Bildung der Jugend leisten“, sagt Pater Eric Franck Randriamiandrinirinarivo. Der 39-Jährige ist Direktor von Radio Don Bosco. Während sich auf der Straße Blechkolonnen durch die Vormittagshitze schieben, ist das Don Bosco Haus ein Ort der Ruhe. Von Pater Erics Schreibtisch sieht man grüne Palmen unter einem blauen Himmel. Im Hintergrund spielt Radio Don Bosco. Gesendet wird auf Französisch und auf Malagasy, um auch jene zu erreichen, die kein gutes Französisch sprechen. „Die Salesianer betreiben insgesamt drei Radiostationen auf der Insel“, sagt er. Radio Don Bosco und Radio Zarasoa im Hochland, Radio Masava in der Hafenstadt Tulear an der Südküste. „So erreichen wir junge Menschen auch in den abgelegensten Orten.“ Die Sender haben eine Reichweite von 200 Kilometern.

In der ehemaligen französischen Kolonie ist die politische Lage unsicher, die Armut groß. Im Jahr 2015 betrug das jährliche Pro-Kopf-Einkommen gerade einmal 360 Euro. Die Armut des Landes wirkt sich auch auf das Schulsystem aus. Lehrer sind schlecht ausgebildet, das Lehrmaterial veraltet. Durch den Bau von Schulen, Bildungsprogrammen und die Vergabe von Stipendien wollen die Salesianer der maroden Bildungsstruktur entgegenwirken. Ein konkretes Angebot sind unter anderem die sogenannten „Speedy Schools“. Viele junge Erwachsene aus armen Verhältnissen haben nie die Schule besucht. Inzwischen sind sie zu alt, um von staatlichen Schulen aufgenommen zu werden. „In den Speedy Schools holen sie Lesen, Schreiben und Rechnen in nur drei Jahren nach“, so der Salesianerpater. Bildung sei für die Menschen auf Madagaskar der Ausweg aus der Armut. Es gebe unterschiedliche Wege, diese zu vermitteln. „Das Radio ist einer davon“, sagt Pater Eric. Und dann beschreibt er, wie das Radiogebäude aufgebaut ist. Im Erdgeschoss Rezeption und sein Büro, im ersten Stock die Redaktion, darüber Studios und Technik.

Aktuelles und Kultur

In der Redaktion klappern die Tastaturen. Lalainasoarimbelo Malalanalinjare Arolthia arbeitet seit 2001 bei Radio Don Bosco. Am Wochenende hat die Reporterin mit dem geflochtenen Zopf eine Geschichte über die Stromversorgung auf Madagaskar recherchiert. Ein wichtiges Thema in einem Land, in dem 53 Prozent der städtischen und gerade mal 6,5 Prozent der ländlichen Haushalte an das Stromnetz angeschlossen sind. Stromausfälle stehen auch hier, nahe der Hauptstadt, auf der Tagesordnung. Radio Don Bosco hat vorgesorgt: Fällt der Strom aus, wird augenblicklich auf Notstrom umgeschaltet, bis der Dieselgenerator anspringt, der die weitere Versorgung übernimmt.

Missa absolviert ein Praktikum beim Radiosender. „Radio Don Bosco ist auf Madagaskar sehr bekannt“, sagt die 35-Jährige. Ihr gefiel der Sender so gut, dass sie auch als Journalistin beim Radio arbeiten wollte. Aktuell tippt sie an einer Fortsetzungsgeschichte, bei der es um Beziehungen geht. Einmal die Woche, am Sonntag, wird der Beitrag ausgestrahlt.

Ein weiteres großes Thema zurzeit sei die Pest, sagt Pater Eric. Der Sender bringe Interviews mit Ärzten und die Meldungen des Gesundheitsministeriums: Zahlen der Pestinfizierten, wie man sich vor der Krankheit schützen kann, was im Falle einer Ansteckung zu tun sei. In der Regenzeit zwischen Oktober und April bricht aufgrund der mangelnden Hygiene in den Slums und Armenvierteln immer wieder die Pest aus. Zwischen 2010 und 2016 starben 500 Menschen an der Krankheit. Neben der Beulenpest sind dieses Jahr zahlreiche Fälle der aggressiven Lungenpest aufgetreten. Auch in der Hauptstadt Antananarivo. Mehr als 100 Menschen sind bereits an der Krankheit gestorben.

Neben tagesaktuellen Themen gebe es regelmäßig Hörspiele und Kulturbeiträge. Auch politische Debatten werden gesendet. „Wir laden immer die Vertreter aller Parteien ein“, sagt der Pater. Eine politisch neutrale Berichterstattung sei ihm wichtig.

Gottesdienst live auf Sendung

„Wir haben insgesamt 33 Mitarbeiter bei Radio Don Bosco“, so der Salesianer. Hinzu kommt etwa ein Dutzend Praktikanten. Von den Ordensmitgliedern gestaltet nur ein Priester regelmäßig das Radioprogramm mit: Jeden Mittwochvormittag beantwortet er eine Stunde lang Fragen zu religiösen Themen, die Anrufer per Telefon stellen. Überhaupt kommen religiöse Inhalte bei Radio Don Bosco nicht zu kurz. „Denn die erste Aufgabe des Ordens ist es, den Menschen die Religion näherzubringen. Wir wollen die Menschen zu guten Christen erziehen.“ So wird jedes Jahr die Feier zum Geburtstag Don Boscos übertragen. „Sonntags feiern Priester in Studio Nummer drei die heilige Messe, die wir live übertragen.“ Dadurch können auch jene am Gottesdienst teilnehmen, die nicht die Möglichkeit haben, eine Kirche zu besuchen.

Andrianaivomalala Arlivah sitzt im zweiten Stock des Radiosenders vor Mischpult und Flachbildschirm, der die aktuelle Playlist anzeigt. Der 41-Jährige hat mit Gründung des Senders hier zu arbeiten begonnen. „Die Hörer können anrufen und sich Musiktitel wünschen“, erklärt er. Neben madagassischer Musik spielt der Sender auch Songs aus Europa und den USA. 20 Minuten wird Arlivah noch Musik spielen, um 11 Uhr gibt es den Newsflash, um 12 Uhr die Mittagsnachrichten. Gesendet wird 24 Stunden am Tag, von 6:30 bis 20 Uhr live, danach werden vorbereitete Playlists automatisch abgespielt.

Radio Don Bosco kann als erfolgreicher Sender bezeichnet werden. In der Hauptstadt gibt es insgesamt 20 Radiostationen. „Gemessen an der Zahl der Hörer liegt Radio Don Bosco auf Platz drei“, sagt Pater Eric nicht ohne Stolz in der Stimme. Die Kosten können durch Werbeeinschaltungen gedeckt werden. Zur Bekanntheit des Ordens hat die Verbreitung der Botschaft Don Boscos über das Radio wesentlich beigetragen. In einem Land, in dem etwa ein Drittel der Bevölkerung nicht lesen kann, ist die Bedeutung des gesprochenen Wortes nicht zu unterschätzen.

Kurz nach 12 Uhr geht die Reportage über die Stromversorgung auf Sendung. Reporterin Arolthia spricht über die Vorteile von Wind- und Sonnenenergie. Neben Wegen aus der Armut zeigen die Salesianer mit Radio Don Bosco so auch Wege in die Zukunft des Landes auf.    

Mehr Informationen über die Arbeit der Salesianer Don Boscos und der Don Bosco Schwestern auf Madagaskar bei Don Bosco Mission Bonn, Don Bosco Mission Austria und der Missionsprokur der Don Bosco Schwestern.

Salesianisches Engagement in Madagaskar

Die ersten Salesianer kamen 1981 nach Madagaskar. Rund 100 Mitglieder zählt der Orden heute auf der viertgrößten Insel der Welt im Osten Afrikas. Die Salesianer Don Boscos haben Niederlassungen in acht Städten des Inselstaates, von Majunga im Norden bis Tulear an der Südküste. Im „Maison Don Bosco“, nahe dem Flughafen, befinden sich die Redaktionsräume von Radio Don Bosco, das auch per Livestream im Internet zu hören ist: www.radiodonbosco.org


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