Papua-Neuguinea

Girlpower: Wie Don Bosco Mädchen stark macht

Mädchen haben es in Papua-Neuguinea besonders schwer. Sie können oft keine Schule besuchen, weil sie ihre Familien unterstützen müssen. Die Eltern können die Schulgebühren nicht bezahlen. Die 20-jährige Tani hat Glück. Sie geht auf eine Don Bosco Schule.
  • Katharina Schründer

veröffentlicht am 20.02.2024

Tani meldet sich blitzschnell. Die junge Frau kennt auf fast jede Frage der Lehrerin die richtige Antwort – und sie möchte die Schnellste sein. Die 20-Jährige ist eine Musterschülerin. Ihr ist es wichtig, ihre Chance auf Bildung zu nutzen.

Ihren starken Willen hat Tani von ihren Eltern. Für sie ist es fast wie ein Wunder, dass sie zur Schule gehen darf. Tani wohnt drei Busumstiege von der Don Bosco Schule in Port Moresby entfernt. Das Geld zu Hause ist knapp. Tanis Mutter steht früh auf und verkauft kleine Teigbällchen auf dem Markt. Den Erlös teilt sie in Haushalts- und Taschengeld für die fünf Kinder auf. Viel bleibt da nicht übrig. Meist reicht das Geld nicht einmal für die Busfahrt zur Schule. Daher läuft Tani oft eine lange Strecke zu Fuß.

Das ist anstrengend, doch Tani nimmt das gern in Kauf. Sie möchte ihre Mutter nicht enttäuschen. Denn diese ist ihr großes Vorbild. Tanis Vater war oft nicht zu Hause. Er war viel unterwegs, um zu arbeiten und auch den Unterhalt für die Kinder aus seiner ersten Ehe aufzubringen. So hat ihre Mutter Haushalt, Kinder und den kleinen Marktstand alleine gemanagt. Sie hat jeden Cent gespart, um das Haus zu bauen, in dem sie jetzt wohnen. Tani kämpft mit den Tränen, wenn sie über ihre Mutter spricht und darüber, wie diese sich für die Familie aufopfert.

Leidenschaft für politisches Engagement

Durch ihren Vater hat Tani wiederum ihre Leidenschaft für politisches Engagement entdeckt. Die beiden ähneln sich in ihrer Willensstärke, im Weitblick und in der Leidenschaft, das Leben für andere besser machen zu wollen. Tani hat das Talent geerbt, Menschen zu begeistern. Das beweist sie gerade in der Schule.

Die Schülerinnen der Don Bosco Schule lernen, sich aktiv starkzumachen. Tani leitet eine Gruppe von jungen Frauen in ihrer Nachbarschaft. Sie sprechen regelmäßig über Bildung, Gleichberechtigung, Klimaschutz und Menschenrechte. Dieses Wissen tragen sie in ihre Familien. Es macht sie sensibel gegenüber Unrecht und Ungerechtigkeit. Sie trauen sich auch, über Frauengesundheit, ansteckende Krankheiten und Menschenhandel zu sprechen. Einmal im Schuljahr bereiten sie einen Aktionstag für ein Viertel in der Stadt oder eine kleine Gemeinde auf dem Land vor. Ziel ist es, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und gut im Team zu arbeiten.

Der Schulbesuch bei Don Bosco ist gratis

Tani möchte noch mehr darüber lernen, wie sie sich besser für die Gemeinde einsetzen kann. Auch zum Wohl ihrer eigenen Familie. Weil sie eher an andere als an sich selbst denkt, wollte sie schon die Schule abbrechen, damit ihre Eltern mehr Zeit und Geld für ihre eigenen Träume haben. Doch ihre Eltern haben sie davon abgehalten. Sie wünschen sich nur das Beste für ihre Tochter und unterstützen sie, wo sie können. Don Bosco hilft ihnen dabei, denn der Schulbesuch ist gratis, die Eltern müssen keine Schulgebühren zahlen.

Tani hat großes Glück, dass ihre Eltern den Wert von Bildung erkannt haben. Ihr geht es damit weitaus besser als vielen anderen jungen Frauen in Papua-­Neuguinea. Gerade auf dem Land heißt Frausein immer noch: Zwangsverheiratung, Bezichtigung der Hexerei, Missbrauch, Armut. In ihren Heimatgemeinden lastet viel familiäre Verantwortung auf den Schultern der Mädchen. Sie sind Ehefrau, Hausfrau, Mutter, Tochter, Schwiegertochter. Sie müssen ihren „Brautpreis“ zurückzahlen und zum Familieneinkommen beitragen. Da bleibt keine Zeit für Schule oder Selbstverwirklichung.

Auch eine Flucht in die Hauptstadt Port Moresby bringt bei Weitem keine Erlösung, sondern führt auf ein gefährliches Pflaster. Ohne Geld können die jungen Frauen dort nicht zur Schule gehen; ohne Schulabschluss finden sie keinen Job. Sie landen in der Prostitution, nehmen Drogen und rutschen immer weiter ab. Viele junge Frauen enden in den Armenvierteln der Hauptstadt – wie etwa in Boroko.

Die Situation der Frauen im Land verbessern

Mit Bildung den Teufelskreis durchbrechen Don Bosco ist für die Mädchen und jungen Frauen in dem Armenviertel da – mit Kursen für Schulabbrecherinnen, mit praxisorientierten Ausbildungsangeboten, mit einem sicheren Platz zum Schlafen und vor allem mit viel Geduld. Tani ist eine der 260 Schülerinnen, die an der Don Bosco Schule ihren Schulabschluss nachholen oder berufsvorbereitende Kurse besuchen. Betrieben wird die Bildungseinrichtung von den Don Bosco Schwestern. Sie haben einen guten Draht zu den jungen Frauen – und auch zu den politischen Entscheidungsgremien. Die Regierung Papua-Neuguineas hat erkannt, dass ihre eigenen Bemühungen nicht ausreichen, um die Situation der Frauen im Land zu verbessern. Sie sucht den Rat erfahrener zivilgesellschaftlicher Organisationen. Don Bosco gehört dazu.

Don Bosco Mitarbeiter haben eine Umfrage unter Mädchen und jungen Frauen in den Armenvierteln der Hauptstadt gemacht. Sie wollten wissen, warum die meisten nicht zur Schule gehen bzw. keine Ausbildung absolvieren. Es stellte sich heraus, dass der Hauptgrund Armut ist. Die Familien haben nicht genug Geld, um die Gebühren an den staatlichen Schulen zu bezahlen. So helfen viele Mädchen ihren Familien beim Straßenverkauf oder kümmern sich um den Haushalt und ihre kleineren Geschwister. Zeit zum Lernen haben sie nur abends – doch da gibt es keinen Strom mehr. Oft ist auch der Schulweg sehr gefährlich. Die Mädchen haben kaum eine Chance, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Das Wohl der Mädchen in den Mittelpunkt stellen

Um konkrete Angebote für Berufsausbildungen zu entwickeln, arbeiten die Don Bosco Schwestern länder­übergreifend zusammen. Die Mitschwestern auf den Philippinen etwa haben sehr viel Erfahrung beim Aufbau von Berufsschulen. Sie unterstützen ihre Kolleginnen auf Papua-Neuguinea, um langfristig Veränderungen herbeizuführen.

Lassen die Leistungen einer Schülerin nach, schauen die Don Bosco Mitarbeiter genau hin. Ist das Mädchen zu Hause etwa Opfer von Gewalt oder Missbrauch geworden? Wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, greift das geschulte Personal sofort ein. Eine Lösung kann zum Beispiel einer der 20 Plätze im Wohnheim sein. Hier leben die Mädchen in Vierbettzimmern. Zusammen mit ihren Familien werden sie intensiv begleitet. Ziel ist es, dass die jungen Frauen bald wieder zu Hause leben können. Aber nur, wenn sie dort auch sicher sind.

Tani arbeitet weiter konzentriert im Unterricht mit. Die junge Frau freut sich, dass sie lernen und später auch ihre Familie unterstützen kann. Anderen Mädchen möchte sie ein Vorbild sein und zeigen, was Girlpower alles bewirken kann.

Mehr Informationen über die Arbeit der Salesianer Don Boscos und der Don Bosco Schwestern in Papua-Neuguinea bei Don Bosco Mission Bonn, Don Bosco Mission Austria und der Missionsprokur der Don Bosco Schwestern.

Land der Gegensätze

Knapp neun Millionen Menschen bewohnen den Inselstaat Papua-Neuguinea. Das Land im Pazifik ist von einer einzigartigen kulturellen und sprachlichen Vielfalt geprägt. Neben den drei offiziellen Amtssprachen Englisch, Tok Pisin und Hiri Motu gibt es bis heute etwa 830 indigene Sprachen. Doch ein Drittel der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Zwei von drei jungen Frauen in Papua-Neuguinea können nicht richtig lesen und schreiben. Die Don Bosco Schwestern sind seit 2001 vor Ort und machen Bildungsangebote.


Verwandte Themen

Mädchen hält ein Büschel Pflanzen über sich
Mit Bildung in ein neues Leben
Viele Mädchen in Pakistan werden schon früh verheiratet und können nicht zur Schule gehen. Die Salesianer Don Boscos setzen in dem islamischen Land vor allem auf Bildung. In Quetta werden christliche und muslimische Kinder gemeinsam unterrichtet.
Zwei junge, nachdenkliche Frauen in einem Zimmer bei Don Bosco in Sierra Leone
Hilfe für Mädchen
Zehntausende Mädchen müssen sich in Sierra Leone prostituieren. Die Salesianer Don Boscos kämpfen für die Rechte der jungen Frauen. Aminata hat mit Hilfe von Don Bosco den Absprung aus der Prostitution geschafft.
Kochschüler und Ausbilder am Herd in der Gastronomieschule von Don Bosco in Ho Chi Minh City
Vietnam
Die Don Bosco Gastronomieschule Mai Sen in Ho Chi Minh City ist einzigartig in Vietnam. Sie bietet jungen Menschen aus armen Familien die Möglichkeit, eine qualifizierte Ausbildung zu machen. Die Hotelfachkräfte sind im ganzen Land sehr gefragt.