Gemeinsam warten
Mit Kindern durch den Advent
Erwachsene reagieren oft allergisch auf die „ruhige Zeit“ vor Weihnachten. Vielleicht sollten sie sich ein Beispiel an den Kindern nehmen? Das findet zumindest unser Autor, der Erzieher und Theologe Christian Huber.
veröffentlicht am 11.11.2021
Wenn auch in den meisten Supermärkten Lebkuchen, Glühwein und andere Leckereien, die wir mit Weihnachten verbinden, längst Einzug gehalten haben: Ich warte immer strikt bis zum Beginn des Advents, bis ich mir das ein oder andere gönne, und ich weiß, dass es viele ähnlich machen. Aber warum? Spielt es überhaupt eine Rolle, schmecken Lebkuchen nicht auch im September oder Oktober? Gewiss tun sie das. Und trotzdem: Der Advent ist doch eine besondere Zeit. Warum sollte man Abstriche machen, indem man bis zum Advent möglicherweise schon satt von Zimt und Lebkuchengewürz ist?
Während früher die Adventszeit noch ganz bewusst begangen wurde, übrigens als zweite Fastenzeit, so werden heute in der Vorweihnachtszeit Geschenke besorgt und alle möglichen Weihnachtsfeiern begangen – zumindest wo dies trotz Corona wieder möglich ist.
Für Kinder hat die Adventszeit nichts von ihrem Zauber verloren
Wir Erwachsene sind oftmals allergisch auf die „ruhige Zeit“, die so ganz und gar nicht ruhig ist, speziell nach einer Advents- und Weihnachtszeit, die ganz im Zeichen der Pandemiemaßnahmen stand. Für unsere Kinder dagegen hat die Adventszeit kein bisschen ihren Zauber verloren. Möglicherweise ist das wieder mal eine Chance, den Spieß ein wenig umzudrehen und uns ein Beispiel an den Kindern zu nehmen? Ist all der Trubel wirklich wichtig? (Was Kinder über Advent und Weihnachten wissen wollen und 10 Geschenkideen zum Selbermachen)
Wie kann man mit Kindern dieser besonderen Zeit auch einen besonderen Charakter geben? Natürlich: Der klassische Adventskalender – oder die, wenn es doch schon mehrere sein müssen. Adventskalender gibt es in den verschiedensten Ausprägungen und mir scheint, dass es von Jahr zu Jahr mehr werden. Schokolade und Bildchen waren gestern, Figürchen und andere Spielzeuge sind heute in den immer größer werdenden Kalendern angesagt. Nun: Bei aller berechtigten Konsumkritik möchte ich hier eigentlich nicht in dasselbe Horn blasen. Zeiten ändern sich und was nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Dennoch gibt es Dinge, die, wie mir scheint, nicht an Strahlkraft verlieren.
Das Wort „Advent“ kommt ja eigentlich aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie „Ankommen – Ankunft“. In den vier Wochen des Advents bereitet sich die Kirche auf die Ankunft Jesu, des menschgewordenen Sohnes Gottes vor. Jedes Fest erfordert, wenn es gelungen sein soll, eine gründliche Vorbereitung. Dieser Vergleich ist für Kinder sehr nachvollziehbar, schließlich bereiten sie häufig mit ihren Eltern ihren Geburtstag bis ins kleinste Detail mitsamt den Einladungskarten vor. Der Geburtstag Jesu ist natürlich ein wenig anders, aber nicht weniger wichtig. Neben dem Adventskalender gibt es noch den Adventskranz. Jeden Sonntag wird eine weitere Kerze entzündet, die Zeit bis Weihnachten wird immer kürzer. Vielleicht wäre es eine schöne Gelegenheit, zuhause in der Familie gemeinsam einen Adventskranz zu binden? Es sieht schwieriger und zweitaufwändiger aus, als es ist!
Ein Adventskalender voller Geschichten
Bei uns in der Kita findet alljährlich ein gemeinsamer Adventsauftakt statt. Alle Kinder sitzen im Kreis und von Lied zu Lied wächst – angelehnt an die Methode des bekannten Religionspädagogen Franz Kett – das Bodenbild in der Mitte: Tannenzweige, Kerzen und vieles mehr werden von den Kindern zur Mitte gebracht.
Eine weitere schöne Möglichkeit ist ein Adventskalender in der Gruppe. Natürlich nicht zu klein und aus Karton. 24 Briefumschläge mit einer kleinen Geschichte, der die Kinder gemeinsam im Adventsmorgenkreis lauschen, begleitet vom Licht des Adventskranzes. Was die Geschichten angeht, sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Es gibt Bücher mit kurzen Adventsgeschichten, selbstverständlich kann man jedoch auch selbst kreativ werden. Für meine Gruppe habe ich beschriftete Umschläge vorbereitet, in denen jeweils eine selbst geschriebene Geschichte steckt. Zum Beispiel die Weihnachtsgeschichte aus Sicht eines Kindes, das erzählt, was es vor und während der Geburt Jesu beobachtet und erfahren hat. In ähnlicher Weise könnte ein Schaf erzählen, das in der Gegend weidet, oder ein Stern, der von oben alles mitverfolgt hat. Parallel dazu wächst auf einem Tisch eine Krippe. Jeden Tag kommt ein Element hinzu, bis schließlich das Jesuskind in der Krippe liegt.
Der Advent bietet so viele Möglichkeiten, um sich Momente der Ruhe und Besinnung zu gönnen. Kinder sind dafür unheimlich offen. Sie lieben die gemütliche Stimmung am Morgen (oder zuhause am Abend) und lassen sich von Kerzenlicht, Musik und Geschichten verzaubern. Nehmen wir uns zumindest hin und wieder ein Beispiel an ihnen und geben wir uns und auch der Adventszeit eine Chance. Vielleicht verändert sie uns!