Wertvolle Chance

Scheitern lernen – eine wichtige Aufgabe schon für Kinder

Fehler gehören zum Leben dazu. Dass mal etwas nicht gut läuft, ist normal. Schon Kinder sollten die Möglichkeit haben, diese Erfahrung zu machen, sagt Erzieher Christian Huber. Denn nur so können sie lernen, mit Misserfolgen umzugehen.

veröffentlicht am 05.03.2025

Niemand scheitert gerne. Wir alle versuchen, das, was wir anpacken, gut zu Ende zu bringen, keine Frage. Und das ist auch okay so. Dennoch ist uns allen bewusst: Jedes Wagnis, das positiv enden kann, birgt auch die Möglichkeit in sich, schlecht auszugehen. Für diesen Fall brauchen wir Wege und Systeme, die uns dabei helfen, mit der Erfahrung des Scheiterns zurechtzukommen.

Bei Kindern verhält es sich nicht anders. Mit dem kleinen Unterschied: Manche haben noch keine Systeme und müssen sich im Scheitern erst üben. Oder etwa nicht?

In unserer Gesellschaft herrscht oft die Vorstellung, dass Kinder vor Misserfolgen und dem Scheitern bewahrt werden sollten. Eltern, Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher und andere Bezugspersonen versuchen, Kinder vor negativen Erfahrungen zu schützen, um ihnen eine möglichst sorglose und erfolgreiche Kindheit zu ermöglichen. Dahinter stecken Gedanken wie: Schließlich geht das ohnehin nur eine begrenzte Zeit. In der Schule müssen die Kinder sowieso viel zu viel aushalten. Vielleicht ist dieser Impuls sogar nachvollziehbar. Trotzdem stellt sich die Frage, ob es wirklich das Beste für Kinder ist, ständig vor dem Scheitern bewahrt zu werden oder ob nicht gerade das Scheitern eine wichtige Lektion im Leben darstellt.

Scheitern weckt Emotionen wie Frustration und Trauer

Wie können Kinder also lernen, mit Misserfolgen umzugehen und Strategien zu entwickeln, um diese als Teil ihres Lernprozesses zu integrieren?

Scheitern ist kein angenehmes Erlebnis, das sich ein Mensch freiwillig wünscht. Es weckt negative Emotionen wie Frustration, Enttäuschung oder Trauer. Doch gerade in diesen negativen Erfahrungen liegt eine wichtige Chance zur Entwicklung. Wer niemals scheitert, wird niemals lernen, wie man mit Misserfolgen umgeht, wie man aus Fehlern lernt und wie man die nötige Resilienz entwickelt, um wieder aufzustehen und es noch einmal zu versuchen. Scheitern bedeutet nicht das Ende, sondern vielmehr einen Schritt auf dem Weg zum Erfolg. Es fordert uns heraus, uns weiterzuentwickeln, kreativ zu sein und neue Lösungen zu finden.

Besonders im Kindes- und Jugendalter ist die Fähigkeit, mit Fehlern umzugehen, von großer Bedeutung. In dieser Lebensphase entwickeln sich nicht nur kognitive Fähigkeiten, sondern auch soziale und emotionale Kompetenzen. Kinder, die von klein auf lernen, dass Fehler ein normaler Bestandteil des Lebens sind, entwickeln ein gesundes Selbstbewusstsein und die Fähigkeit, Rückschläge als eine Möglichkeit des Wachstums zu begreifen.

Kinder nicht vor dem Scheitern schützen

Um diese Fähigkeit zu fördern, sollten wir Erwachsene – sei es in der Familie, in der Schule oder im sozialen Umfeld – Kinder nicht einfach vor dem Scheitern schützen, sondern sie in einem unterstützenden Rahmen lernen lassen, Fehler zu machen. Anstatt Kindern zu vermitteln, dass Fehler etwas zu Vermeidendes oder Beschämendes sind, sollten wir ihnen zeigen, dass Fehler ganz natürlich sind und zur Lernreise dazu gehören. Meine Empfehlung: Geben Sie Ihren Kindern nicht nur Raum für Fehler, sondern vermitteln Sie ihnen, wie sie mit diesen Fehlern konstruktiv umgehen können!

Kinder sollten in einer Umgebung aufwachsen, in der sie sich sicher fühlen, in der sie Fehler machen können ohne Angst vor Bestrafung oder Verurteilung. Dies fördert nicht nur ihre kreative Problemlösungsfähigkeit, sondern auch ihre Fähigkeit zur Selbstreflexion und zur Eigenverantwortung. Ein Fehler muss nicht immer mit negativen Konsequenzen behaftet sein, sondern kann auch als wertvolle Lerngelegenheit genutzt werden.

Notwendige und wertvolle Erfahrung im Entwicklungsprozess

Ein weiteres wichtiges Element ist, dass Kinder frühzeitig lernen sollten, nicht nur aus ihren eigenen Fehlern, sondern auch aus den Fehlern anderer zu lernen. Indem sie sehen, dass auch Erwachsene Fehler machen, aber diese als Chancen zur Verbesserung begreifen, lernen sie, dass Scheitern nicht das Ende, sondern der Beginn eines neuen Versuchs ist. Scheuen Sie sich also nicht davor, sich bei einem Kind zu entschuldigen, wenn etwas nicht so gut gelaufen ist. Das bedeutet weder Schwäche noch Autoritätsverlust, sondern ist vielmehr eine großartige Lehrstunde, wenn es darum geht, Selbstbewusstsein und Vertrauen aufzubauen.

Scheitern muss geübt sein, es ist eine notwendige und wertvolle Erfahrung im Entwicklungsprozess von Kindern und Jugendlichen. Versuchen wir also nicht, Kinder vor Fehlern zu bewahren, sondern geben wir ihnen vielmehr die Möglichkeit, mit Misserfolgen konstruktiv umzugehen. Die Fähigkeit, Fehler als Chance zur Weiterentwicklung zu begreifen, ist eine essenzielle Lebenskompetenz, die vor allem im Kindes- und Jugendalter erlernt werden muss. Wenn Kinder lernen, wie sie mit Scheitern umgehen, sind sie nicht nur besser auf die Herausforderungen des Lebens vorbereitet, sondern entwickeln auch eine gesunde Einstellung zu Fehlern, die sie in ihrer persönlichen und beruflichen Zukunft stärken wird.


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