Offen sprechen

Schulangst – woher sie kommt und was Eltern dagegen tun können

Überforderung, Mobbing, Trennungsängste, häusliche Probleme – Schulangst kann unterschiedliche Ursachen haben. Erzieher Christian Huber weiß, wann Eltern genau hinschauen sollten und wie sie dazu beitragen können, dass ihr Kind gerne zur Schule geht.

veröffentlicht am 13.05.2024

Die meisten von uns haben das eine oder andere Jahr in ihrem Leben eine Schule besucht. An manches erinnern wir uns noch, vieles haben wir wohl vergessen. Das, woran wir uns erinnern, ist bestimmt gemischt. Es sind schöne und weniger schöne Dinge, die damals so vorgefallen sind.

Die Schulpflicht ist eine der grundlegenden Säulen unserer Bildungssysteme, die darauf abzielt, allen Kindern den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Doch was passiert, wenn das eigene Kind plötzlich nicht mehr zur Schule gehen will? Diese Frage kann Eltern vor große Herausforderungen stellen und sie in eine Phase der Verunsicherung und Sorge stürzen. Schulangst ist ein komplexes Phänomen, das unterschiedliche Ursachen haben kann.

Aufmerksam sein

Einige Kinder fühlen sich möglicherweise überfordert oder unter Druck gesetzt, sei es durch hohe Leistungsanforderungen, Mobbing oder Probleme in sozialen Interaktionen. Andere können unter Trennungsängsten leiden oder Schwierigkeiten haben, sich an die Struktur und den Rhythmus des Schulalltags anzupassen. Manchmal können auch traumatische Erlebnisse wie etwa der Verlust eines geliebten Menschen oder häusliche Probleme die Ursache für Schulangst sein.

Ich kann nur empfehlen: Seien Sie, was Wesensveränderungen bei ihren Kindern angeht, aufmerksam! Damit meine ich keineswegs, überbesorgt oder Helikoptereltern zu sein, sondern wirklich einfach Aufmerksamkeit. Zum Beispiel für häufige Beschwerden über Kopf- oder Bauchschmerzen, Schlafstörungen, Rückzug von sozialen Aktivitäten, Vermeidung von Hausaufgaben oder plötzliche Verschlechterung der schulischen Leistungen. Diese Anzeichen können darauf hinweisen, dass das Kind Schwierigkeiten hat und Unterstützung benötigt.

Nicht nur Leistung zählt

Leistungsdruck ist ein weiterer wichtiger Faktor, der sich negativ auf Kinder auswirken kann. Ein zu hoher Druck, sei es von Seiten der Eltern, der Lehrkräfte oder der Gesellschaft, kann dazu führen, dass Kinder Angst vor Versagen entwickeln und sich überfordert fühlen. Es ist wichtig, dass Kinder nicht nur als Leistungsträger, sondern als Individuen wahrgenommen werden, deren persönliche Entwicklung ebenso wichtig ist wie ihre schulischen Leistungen. Dass dies im oftmals hektischen Schulalltag mit Mangel an Lehrkräften und dergleichen schon mal in den Hintergrund treten kann, ist selbstverständlich. Umso wichtiger ist es, sich das als Lehrkräfte und auch Eltern immer wieder bewusst zu machen.

In der Schule sind Sozialkompetenzen mindestens genauso wichtig wie Lerninhalte. Viele Kinder haben jedoch Schwierigkeiten, sich in sozialen Situationen zurechtzufinden oder werden Opfer von Mobbing. Dies kann zu einem Gefühl der Überforderung und Isolation führen und die Entwicklung von Schulangst begünstigen.

Professionellen Rat holen

Wenn Sie befürchten, dass Ihr Kind Probleme in der Schule hat, suchen Sie sich professionellen Rat. Wenn ein Kind zum Schulverweigerer wird, ist die Spirale oft schon fortgeschritten und ein Entkommen immer schwieriger. Vielmehr ist es dann so, dass der Druck erhöht wird, gerade auch auf Eltern, die ohnehin schon ratlos sind. Bekanntlich kann das Ganze bis zu rechtlichen Konsequenzen führen, was aber nichts im Vergleich zu den psychischen Schäden ist, die Kinder und Jugendliche aus solchen Phasen mitnehmen können.

Es ist jedoch möglich, Kinder mit Schulangst zu unterstützen und ihnen zu helfen, ihre Ängste zu überwinden. Der erste Schritt besteht darin, die Ursachen für die Schulangst zu identifizieren und das Kind ernst zu nehmen. Sprechen Sie offen mit Ihrem Kind über Ihre Ängste und Sorgen und suchen Sie gemeinsam nach Lösungen! Es kann auch hilfreich sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, sei es durch einen Schulpsychologen, einen Therapeuten oder dergleichen. Wenn Sie nicht wissen, wo Sie Hilfe bekommen können, kann auch das Jugendamt ein guter Ansprechpartner sein.

Unterstützendes Umfeld 

Sorgen Sie darüber hinaus dafür, dass Ihr Kind ein unterstützendes Umfeld hat, sowohl zu Hause als auch in der Schule! Dies kann bedeuten, dass Sie mit den Lehrkräften zusammenarbeiten, um individuelle Unterstützungsmaßnahmen zu entwickeln, oder dass Sie Ihr Kind dabei unterstützen, neue soziale Kontakte zu knüpfen und sein Selbstbewusstsein zu stärken.

Zusammenfassend möchte ich Ihnen ans Herz legen: Reagieren Sie sensibel auf die Bedürfnisse und Ängste Ihrer Kinder! Unterstützen Sie sie, ihre Schulangst zu überwinden. Durch eine offene Kommunikation, individuelle Unterstützung und ein vertrautes Umfeld können Sie als Eltern dazu beitragen, dass Ihr Kind weiterhin oder wieder gerne zur Schule geht und sein volles Potenzial entfalten kann.


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