Persönlichkeit

Erziehungsstile zwischen Distanz und Kontrolle

Wie Väter und Mütter ihr Kinder erziehen, hat viel mit ihrer Persönlichkeit zu tun. Besonders gut lassen sich typische Unterschiede an Alltagssituationen ablesen. Ein Beitrag unseres Kooperationspartners „elternbriefe“.

veröffentlicht am 15.04.2021

  • „Höchste Zeit, dass Lucy Verantwortung für sich übernimmt und ihre Pflichten selbstständig erledigt“, meint Frau X. „Außerdem habe ich ja noch anderes zu tun.“ Also schaut sie nur ab und zu in den Tornister ihrer Tochter, wenn es Beschwerden oder ein offenkundiges Problem gibt.
  • „Wenn ich nicht Antons Tasche kontrolliere, würde er die Hälfte vergessen“, fürchtet Herr Y. „Dann könnte er in der Schule nicht gut mitarbeiten und verlöre den Anschluss.“
  • „Unmöglich, was die Kinder alles zur Schule schleppen müssen“, empört sich Frau Z. Deshalb achtet sie genau darauf, dass Daniel nur ja kein Buch zu viel einpackt. Und erst recht kein Spielzeug!

Laufen lassen? Behüten? Kontrollieren? Die Frage, ob Frau X, Herr Y oder Frau Z richtigliegen, lässt sich schlichtweg nicht beantworten. Nicht nur, weil kaum eine Mutter und kaum ein Vater ihren / seinen Erziehungsstil in Reinkultur bei allen möglichen Anlässen durchhält; vor allem gibt es da ja noch die sehr individuellen Kinder, die mal weniger, mal mehr Unterstützung brauchen.

Unterschiedliche Stile – unterschiedliche Auswirkungen auf die Entwicklung 

Gut aber, wenn Eltern sich darüber klar sind, dass ihr „distanzierter“, „behütender“ oder „kontrollierender“ Erziehungsstil auf die Dauer Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder haben könnte:

  • Mit Distanz erzogene Kinder richten sich darauf ein, dass sie selbst mit ihren Dingen fertig werden müssen. Sie entwickeln eigene Aktivität und Eigenverantwortung und orientieren sich früh an anderen, oft Gleichaltrigen. Die Eltern haben oft nur noch begrenzt Einblick in das Leben ihrer Kinder – im Extremfall bis zur Entfremdung. Und die Kinder könnten glauben, dass es für Mama und Papa Wichtigeres gibt …
  • „Kontrollierte“ Kinder erleben bei ihren Eltern eine klare Linie, sind aber oft schüchtern und trauen sich wenig zu. Wo die Kontrolle fehlt und sie auf sich selbst gestellt sind, fällt ihnen die Orientierung oft schwer; manchmal reagieren sie sogar aggressiv
  • (Über-)Behütete Kinder erscheinen oft nett, angepasst und nachgiebig. Die Kehrseite der Medaille sind geringe Durchsetzungsfähigkeit, Unselbstständigkeit und wenig Kreativität. Und ähnlich wie kontrollierte Kinder können sie den Eindruck gewinnen, dass Schule eher die Sache ihrer Eltern sei …

Vielleicht hat es also auch mit dem eigenen Erziehungsstil zu tun, wenn ein Kind sich anders verhält als von den Eltern erhofft? Es lohnt sich jedenfalls, darüber nachzudenken. Und wenn ja? Den eigenen Stil von heute auf morgen zu ändern, fällt niemandem leicht. Immerhin kann ein Austausch mit anderen Eltern oder, noch besser, ein Erziehungskurs (siehe www.kess-erziehen.de) helfen, das eigene Verhalten zu hinterfragen und neue Wege zu finden.

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