Partnerschaft
Über Erziehung reden ohne Streit
Wie Erziehung funktioniert, davon haben einige Mütter und Väter unterschiedliche Vorstellungen. Was sie tun können, um ständige Konflikte zu vermeiden. Ein Beitrag unseres Kooperationspartners „elternbriefe“.
veröffentlicht am 05.01.2024
„Mein Partner und ich geraten immer wieder aneinander. Gerade dann, wenn es um unsere Tochter (2 Jahre) geht. Neulich haben wir darüber gestritten, ob sie bei uns im Elternbett schlafen soll oder nicht. Wir kamen auf keinen grünen Zweig und es endete damit, dass wir uns gegenseitig Vorwürfe machten.“
Viktoria, 31
Mit dem Elternwerden und Elternsein kommen neue Themen auf den Tisch. Und die müssen geklärt werden. Natürlich versuchen beide Elternteile ihr Bestes fürs Kind zu geben und es liebevoll zu umsorgen: Wir wollen es schließlich „richtig“ machen. Doch wie das geht mit der Erziehung – davon hat jede Mama und jeder Papa eine eigene Vorstellung.
Gewinnen oder verlieren
Beharren beide auf ihren unterschiedlichen Standpunkten, ohne die jeweils andere Sicht zu verstehen oder nachzuvollziehen, kommt es zu Auseinandersetzungen. Dabei gerät dann nicht selten das Wohl des Kindes aus dem Blick. Stattdessen geht es eher darum, wer sich durchsetzt. Dieses Prinzip „Gewinnen oder Verlieren“ hat in einer Beziehung nichts zu suchen – auch nicht in der Erziehung. Das führt nur zu Konflikten, die den ohnehin oft stressigen Familienalltag zusätzlich belasten.
Streit unter Eltern vermeiden
Einen Standpunkt zu haben, seine Meinung zu vertreten und sich damit zu positionieren, ist richtig und wichtig. Die Frage ist nur WIE? Wie können also strittige (Erziehungs-)Themen angepackt und geklärt werden? - Mit einer respektvollen Haltung lassen sich kräftezehrende Streitereien vermeiden.
Zuhören, um zu verstehen
Zuerst einmal geht es ums „Zuhören“. Bin ich in der Zuhörer-Rolle
… wende ich mich dem/der anderen voll und ganz zu.
… lege ich alles beiseite, was mich ablenken könnte.
… achte ich darauf, Blickkontakt zu halten und signalisiere so mein Interesse (Zuwendung).
… höre ich aufmerksam zu, ohne zu kommentieren und zu bewerten - ohne „Aber“ und Gegenrede.
… versuche ich zu verstehen: was meinem Gegenüber wichtig ist, wie was begründet wird, welche Gefühle evtl. eine Rolle spielen.
… fasse ich zwischendurch zusammen, was ich verstanden: Ich bündele das, welche Argumente, Erwartungen und Wünsche angekommen sind.
... frage ich offen nach, wenn ich etwas nicht verstanden habe: wieso, weshalb, warum, wann, wo, wie?
… gehe ich erst dann in die Sprecher*innen-Rolle, wenn sich mein Gegenüber verstanden fühlt.
Anschließend wechselt meine Gesprächspartnerin, mein Gesprächspartner in die Zuhörerinnen-Rolle.
Sprechen, um verstanden zu werden
Nicht nur fürs Zuhören gibt es hilfreiche „Regeln“, sondern auch beim Sprechen:
- Ich spreche ein konkretes Thema, eine konkrete Situation, ein konkretes Verhalten an.
- Ich öffne mich und beschreibe, was ich wahrnehme, was mich beschäftigt und warum mir etwas wichtig ist.
- Ich teile meinem Gegenüber mit, was ich denke, was ich fühle, was ich brauche und was ich mir von dem/der anderen wünsche.
- Ich vermeide Wörter wie „ständig, nie, immer“, die meist in Vorwürfen enden.
- Während ich spreche, bleibe ich bei mir und verwende Ich-Botschaften (Ich-Gebrauch).
Gemeinsam gegen das Problem
Bei dieser Gesprächshaltung geht es darum, verstanden zu werden und zu verstehen. Wobei einander verstehen nicht Zustimmung bedeuten muss. Doch wer Verständnis füreinander entwickelt, schafft damit die Grundlage dafür, eine Lösung zu finden, die für beide passt. Das Problem rückt somit aus der Beziehungsebene: Wir beide „kämpfen“ nun nicht mehr gegeneinander, sondern zusammen gegen das Problem.
Win-Win-Situation schaffen
Soll das Kind im Elternbett schlafen soll oder nicht? Beide haben ihre Argumente dazu eingebracht. Jetzt geht es darum eine Entscheidung zu fällen, die dem Wohl aller Beteiligten dient. Win-Win statt Sieg oder Niederlage!
Text: Sebastian Wurmdobler, Gemeindereferent und Kess-erziehen-Kursleiter
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