Eine anspruchsvolle Aufgabe
Wie Pflegeeltern von der Caritas Oberhausen fachlich begleitet werden
Durch Pflegeeltern bekommen Kinder eine zweite Chance, Halt und Geborgenheit zu erfahren. Jonathan Will, Leiter des Pflegekinderdienstes der Caritas Oberhausen, unterstützt Kinder und Pflegefamilien, damit ihr gemeinsamer Weg gelingt.
veröffentlicht am 25.10.2022
„Pflegefamilien dringend gesucht“ – solche Schlagzeilen tauchen regelmäßig in den Nachrichten auf. Wie ist die Lage bei Ihnen?
Das ist bei uns ganz genauso. Wir haben im Jahr mehr als 100 Anfragen und können etwa 50 Prozent davon eine positive Rückmeldung geben. Besonders in Notsituationen, also in der Bereitschaftspflege, oder auch in der Kurzzeitpflege bräuchten wir mehr Plätze.
Bei Ihrem Angebot der Entlastungsfamilie konnten Sie hingegen sehr viele Interessierte gewinnen.
Ja, das ist ein Modell, das bundesweit noch nicht so bekannt ist. Die Idee dahinter ist, frühzeitig einzugreifen, um eine Fremdunterbringung des Kindes in Vollzeit zu vermeiden. Das heißt, das Kind kann stunden- oder tageweise bei einer Entlastungsfamilie leben und parallel wird mit den leiblichen Eltern an deren Konfliktthemen gearbeitet. So lernt das Kind gewisse Strukturen kennen und kann gestärkt in die eigene Familie zurückgehen. Und nach jetzt eineinhalb Jahren, seitdem wir das anbieten, ist es uns gelungen, mehr Entlastungsfamilien als Anfragen zu haben und sehr spontan reagieren zu können.
Ob Familien, Paare oder Einzelpersonen – worauf achten Sie bei der Auswahl der Pflegeeltern besonders?
Wünschenswert ist es, wenn die Pflegeeltern etwa im Alter von 30 bis 40+ liegen, um das Kind bis zur Volljährigkeit zu unterstützen. Neben den formalen Kriterien ist aber vor allem die persönliche Eignung entscheidend und die lässt sich nur durch intensive Gespräche feststellen. Da erst wird deutlich, welcher Mensch mir gegenübersitzt, welche Ideen er zur Erziehung hat und was ihn bewegt.
Die Pflegekinder haben trotz ihres jungen Alters oft schon Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigungen erlebt. Wie kann man zukünftige Pflegeeltern darauf vorbereiten?
In unseren Einzelgesprächen und unserem Bewerberseminar legen wir einen starken Fokus auf die Frage, was ein Trauma bei einem Pflegekind oder einem Kind mit Missbrauchserfahrung bedeutet. Zugleich gibt es einen Austausch mit erfahrenen Pflegeeltern. Und dann steht und fällt das Ganze durch unsere Beratung und Begleitung, wenn das Pflegekind tatsächlich bei der Pflegefamilie ist.
Wer ein Pflegekind aufnimmt, weiß, dass vor allem die Anfangszeit schwierig werden kann. Wie machen Sie Interessierten Mut, sich trotzdem darauf einzulassen?
Wir bieten beispielsweise unverbindliche Informationsveranstaltungen und Einzelgespräche an. Vor allem letzteres wird häufig und gerne genutzt. Wir machen außerdem auf den unterschiedlichsten Kanälen auf die Themen rund um Pflegekinder aufmerksam und möchten einfach unverbindlich ins Gespräch kommen. Wir sensibilisieren für die Themen und möglichen Herausforderungen, um Brücken zu schlagen, sodass es greifbarer für Interessierte wird.
Wieso sind Pflegefamilien für unsere Gesellschaft überhaupt wichtig?
Kinder sind unsere Zukunft. Um eine Gesellschaft bilden zu können, brauchen wir Kinder und auf die müssen wir achten. Ein wichtiger Wert unserer Gesellschaft ist die Nächstenliebe. Hier kann jeder schauen, ob das Engagement als Pflegeeltern sein Beitrag für die Gemeinschaft sein kann. Denn von einem bin ich überzeugt: Jedes Kind braucht einen geschützten Rahmen zum Aufwachsen – und den bietet eine Pflegefamilie.