Nachhaltige Ferien

Urlaub am Bauernhof: Was er Familien bringt und was sie dabei beachten sollten

Tiere streicheln, die Landschaft genießen, frische Produkte essen und zugleich etwas für den Naturschutz tun – all das ermöglicht ein Urlaub auf dem Land. Christiane Wolfbauer von der österreichischen Plattform „Urlaub am Bauernhof“ hat die Details.

veröffentlicht am 23.07.2024

Was haben Familien von einem Urlaub auf dem Bauernhof, was erwartet sie da?  
Urlaub auf dem Bauernhof ist eine sehr vielfältige Art, Urlaub zu machen. Wir haben von kleinen Milchviehbetrieben über Almhütten bis zu Weinbaubetrieben die komplette Vielfalt von Landwirtschaft in Österreich in unserer Palette. Besonders interessant für Familien mit Kindern ist, dass man mit Landwirtschaft und mit Lebensmittelproduktion in Kontakt kommt.

Urlaub am Bauernhof ist ein nachhaltiges Angebot, auch deshalb, weil wir Bildung für nachhaltige Entwicklung quasi in der Praxis realisiert haben. Bei unseren Bauernhöfen sind die Gäste am Ursprung der Lebensmittel, sei es Milchproduktion, Weinproduktion, Produktion von Obst und Gemüse oder von Getreide. Kinder können den Weg vom Getreidekorn bis zum fertigen Brot sehen. In Verbindung mit den Tieren, die man streicheln und die man kennenlernen kann, hat das einen sehr großen Wert. Deshalb ist Urlaub am Bauernhof im Gegensatz zu vielen anderen Urlaubsformen, zum Beispiel in einem Hotel, eine sehr authentische Art, Urlaub zu machen, von der man viel mitnehmen kann und sehr viel lernt.

Was macht diese Form des Urlaubs nachhaltig?
Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. In den letzten Jahrzehnten haben Hunderte Höfe aufgehört zu wirtschaften. Viele kleine Höfe mussten sich entscheiden, ob sie, um das wirtschaftliche Überleben zu sichern, die Landwirtschaft in größerer Form betreiben, also intensiveren, oder ob der Betrieb auf mehreren wirtschaftlichen Standbeinen aufgebaut wird. Man nennt das Diversifizierung. Urlaub am Bauernhof, also die Gästebeherbergung und die Gästebetreuung ist eine Form dieser Diversifizierung. Durch das Einkommen aus diesen Bereichen wird das Überleben solcher kleinen Höfe gesichert. Es sind diese kleinen Bauernhöfe, die dafür sorgen, dass die Ernährungssicherheit garantiert ist, dass man kurze Produktionswege von den Lebensmitteln garantieren kann oder dass das Tierwohl gesichert ist. Es ist etwas ganz anderes, ob ich einen intensiven landwirtschaftlichen Milchviehbetrieb habe mit 2.000 Milchkühen oder einen kleinen Urlaub am Bauernhof mit 25 oder 50 Milchkühen. Eine Umfrage bei unseren rund 2.300 Mitgliedsbetrieben hat ergeben, dass die Höfe etwa ein Drittel des Einkommens über diesen Betriebszweig erwirtschaftet haben.

Zu diesem wirtschaftlichen Aspekt kommt der ökologische dazu. Wenn man sich zum Beispiel die Anreise anschaut: Natürlich sind viele unserer Betriebe in sehr ländlichen Regionen angesiedelt. Wir werben damit, dass man mitten in der Natur ist und es rundherum oft nicht mal ein anderes Haus gibt. Anfang des Jahres haben wir österreichweit eine Umfrage gestartet, in der wir wissen wollten, zu welchen Bauernhöfen Gäste ohne Auto anreisen und auch vor Ort ohne Auto mobil sein können, weil es zum Beispiel einen Shuttleservice oder ein Ruftaxi gibt oder in fußläufiger Umgebung Restaurants, Supermärkte und ähnliches. 300 unserer Bauernhöfe sind tatsächlich ohne Auto erreichbar, und das sind nur die, die geantwortet haben. In der Realität sind es wahrscheinlich noch mehr.

Ein weiterer Punkt ist das Thema Lebensmittel, Essen, Kulinarik. Auch das unterscheidet einen Urlaub am Bauernhof von einem Urlaub im Hotel. In ganz vielen Fällen produzieren die Gastgeberinnen und Gastgeber, die Bäuerinnen und Bauern, vor Ort – Käse zum Beispiel, Milchprodukte, Joghurt, Obst, Gemüse. Die Gäste können das direkt kosten, können das direkt essen, beim Frühstück oder beim Abendessen. Oft gibt es einen großen Gemüsegarten, wo sich Gäste teilweise selbst bedienen dürfen, um in der Ferienwohnung das eigene Essen zu kochen. Das ist wirklich etwas, das unsere Betriebe auszeichnet. Man kriegt selten ein qualitativ so hochwertiges Frühstück mit regionalen Produkten.

Für welche Familien eignet sich der Bauernhof-Urlaub?
Er eignet sich für Familien, die gerne Zeit miteinander verbringen, die in Kontakt mit der Natur sein möchten. Die ihren Kindern zum Beispiel beibringen möchten, wie Tiere leben, wie Pflanzen wachsen, wie es ist, sich im Wald aufzuhalten oder auf der Wiese. Es sind solche Dinge, die meiner Meinung nach einen ganz großen Wert haben auch für die Persönlichkeitsbildung und für die Entwicklung von Kindern. Ein Urlaub am Bauernhof ist auch deswegen schön, weil man sich in einem sehr persönlichen Umfeld befindet. Man kann mit den Gastgeberfamilien reden. Wir hören ganz oft das Zitat: Unsere Gäste sind schon zu Freunden geworden. Das ist so schön, weil es zeigt, dass es um so viel mehr geht als nur einen Schlafplatz! Es ist wirklich ein Urlaub, wo beide Seiten viel voneinander lernen können.

Bei uns können sich Bauernhöfe dazu entscheiden, speziell Baby- und Kinderhöfe zu werden. Das ist natürlich vor allem für Familien mit kleinen Kindern sehr attraktiv. Unsere Höfe sind generell qualitätsgeprüft. Alle fünf Jahre kommt eine Kommission – externe Prüferinnen und Prüfer –, die anhand eines objektiven Kriterienkatalogs überprüfen, wie hoch die Qualität in einem Betrieb ist, sowohl bei der Unterkunft als auch bei der Erlebnisqualität. Die Auszeichnung erfolgt mit zwei bis fünf Blumen. Baby- und Kinderhöfe haben einen Katalog von Zusatzkriterien, zum Beispiel, dass Hochstühle bereitstehen, dass Windeln bereitliegen, dass Gäste, die an diesem Hof Urlaub machen, wissen, hier sind Kinder, hier kann es lauter sein, es kann sein, dass in der Nacht im Nebenzimmer mal ein Baby weint.

Gibt es etwas, was Familien während ihres Urlaubs auf dem Hof besonders beachten sollten?
Vor allem Kinder und Familien, die den Umgang mit Tieren nicht gewöhnt sind, sollten aktiv den Austausch mit der Gastgeberfamilie suchen. Natürlich muss man im Umgang mit Tieren und im Umgang mit den Maschinen, die sich am Hof bewegen, viel beachten. Da geht es um das Thema Sicherheit.

Gerade auf den Almen ist in den Medien das Thema der Sicherheit bei Almvieh oft präsent. Bei Alm- und Weidevieh muss man wirklich vorsichtig sein. Man muss viel wissen im Umgang mit Tieren. Das lernen die Familien von den Gastgeberfamilien. Dass man zum Beispiel Kühe, die gerade kleine Kälber haben auf der Alm, wirklich in Ruhe lässt. Abstand halten! Wenn man mit Hunden unterwegs ist, Hunde immer anleinen. Die Kühe nicht streicheln oder füttern oder sofort hingehen, ohne gefragt zu haben. Es sind keine Streicheltiere, es sind Tiere, die selbst auch Bedürfnisse haben und diese auch verteidigen gegenüber Menschen, wenn sie ihnen zu nahe kommen.

Es ist auch ganz wichtig und, wie gesagt, etwas, das Urlaub am Bauernhof auszeichnet, dass man bei Personen zu Gast ist, die dort wohnen. Das ist nicht nur deren Arbeitsstätte, das ist deren Haus und Hof, wo sie ihr ganzes Leben verbringen. Mit ihnen kann man in Austausch treten und einfach darüber reden. Darf ich in den Stall gehen? Darf ich dir helfen? Darf ich die Kuh streicheln?

Generell ist ein Urlaub am Bauernhof – mit der malerischen Landschaft, den abwechslungsreichen Spielmöglichkeiten für Kinder und der herzlichen Gastfreundschaft – die perfekte Abwechslung vom Alltag.

Porträt Christiane Wolfbauer

Christiane Wolfbauer arbeitet als Projektleitung Nachhaltigkeit bei Urlaub am Bauernhof, einem Zusammenschluss von rund 2.300 Bauernhöfen in Österreich, die Privatquartiere anbieten.

 

Hier findet man Höfe, die Urlaub am Bauernhof anbieten


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