Katholisch werden

Die Taufe als Geschenk

Rund 2.700 Erwachsene pro Jahr lassen sich in Deutschland taufen. Warum tun sie das? Wie bereiten sie sich vor? Ein Gespräch mit Gabriela Grunden von der Glaubensorientierung St. Michael in München, die Menschen auf dem Weg zur Taufe begleitet.

veröffentlicht am 01.09.2017

In der Glaubensorientierung St. Michael wollen Sie Menschen in Glaubensfragen beraten. Mit welchen Fragen kommen die Menschen zu Ihnen?
Dr. Gabriela Grunden: Viele Menschen haben heute keinen klassischen Zugang mehr zu Glauben und Kirche, sind nicht mehr angedockt an ihre Pfarrgemeinde, aber innerlich auf der Suche nach Gott, nach einer Spiritualität, mit der sie ihr Leben qualitätsvoller gestalten, ihm mehr Sinn geben können. Bei manchen tauchen nach einer Lebenskrise Sinnfragen auf. Andere sagen: Ich möchte Christ werden – wie geht das? Oder wollen nach einem Austritt wieder in die Kirche eintreten.

Wir bieten theologische Vorträge, Glaubenskurse, Auszeiten und Besinnungstage an, aber ein besonders großer Bedarf besteht an Einzelgesprächen. Viele melden sich per Mail mit ihren Fragen. In der Regel lade ich die Menschen dann zu einem persönlichen Gespräch ein und ich erlebe, dass sie sehr gern kommen und dankbar sind, dass sich jemand Zeit für ihre Glaubensfragen nimmt.

Und wie viele Menschen kommen zu Ihnen, weil sie sich taufen lassen wollen?
Das nimmt zu. Als ich 2002 hier begonnen habe, hatte ich etwa acht Leute pro Jahr im Glaubenskurs und jetzt haben wir über 40. Die meisten davon sind zwischen 20 und 45 Jahre alt. Und ich würde sagen, 98 Prozent derer, die anfragen, lassen sich auch wirklich taufen. Aber es gibt natürlich auch Leute, die sich wieder zurückziehen. Die Taufe ist ja eine freiwillige Sache und auch eine, die das ganze Leben beeinflusst und verändert – da sollte man sich das durchaus gut überlegen.

Warum lassen sich Menschen als Erwachsene taufen?
Die Gründe sind ganz unterschiedlich. Heimat und Geborgenheit spielen dabei eine Rolle, Orientierung, Wertebewusstsein – was immer das im Einzelnen heißt. Oft hat es mit Lebensplanung zu tun: Da hat jemand den Partner fürs Leben gefunden und möchte den Schritt in ein gemeinsames Leben nicht ohne Gott tun, oder jemand bekommt ein Kind und merkt: Ich habe jetzt Verantwortung für dieses Kind und die kann ich alleine nicht tragen, da brauche ich Gott und auch die vermittelnde Gemeinschaft. Gerade in so einer Umbruchsituation, in der man sich plötzlich fragt, was ist mir eigentlich wichtig, wie gebe ich meinem Kind Halt, woran nehme ich selber Maß – da entsteht bei vielen die Sehnsucht nach Glauben.

Was bedeutet es eigentlich, getauft zu sein?
Klassisch kann man sagen, die Taufe ist das Tor zu allen Sakramenten und der Bund Gottes mit dem Menschen, wo ich wirklich Freund und Kind Gottes bin. Nach unserem Verständnis ist zwar letztlich jeder Mensch Kind Gottes, aber in der Taufe sagt man explizit Ja dazu. Ich bin hineingenommen in den Lebensbund mit Gott, bin gehalten, begleitet, geführt – ein Leben lang und über den Tod hinaus. Taufe und Firmung sind unverlierbare Prägezeichen. Wenn ein Mensch katholisch gefirmt und getauft ist, gilt das ein Leben lang – selbst wenn er aus der Kirche austritt. Gott nimmt seine Zusage an einen Menschen nie zurück.

Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit man sich taufen lassen kann?
Man braucht vor allem ein offenes Herz und die Bereitschaft, einen persönlichen Prozess zu gehen. Die Taufe ist ein riesiges Lebensgeschenk, aber auch eine Verantwortung. Dadurch verändert sich das eigene Leben. Darüber sollte man sich im Klaren sein.

In den letzten Jahren sind viele Flüchtlinge nach Deutschland gekommen. Wollen sich davon viele taufen lassen – möglicherweise in der Annahme, dass man als Christ in Deutschland bessere Chancen hat als zum Beispiel als Moslem?
Flüchtlinge kommen selten zu uns. Es kommen anerkannte Asylbewerber, es kommen Muslime – aber schon immer. Das ist nicht neu seit 2015. Für das, was wir anbieten, legen wir Wert darauf, dass die Menschen die Sprache gut verstehen, denn Christsein ist zwar eine Herzenssache, aber es braucht auch die intellektuelle Auseinandersetzung. Es ist egal, welchen Bildungsabschluss ich habe, aber ich muss schon verstehen können, worum es geht. Und man muss natürlich auch klar sagen, dass es keine Voraussetzung ist, Christ zu werden, um in Deutschland bleiben zu dürfen.

Wie werden Erwachsene auf die Taufe vorbereitet?
Es gibt eine Einzelbegleitung und parallel dazu einen Glaubenskurs, bei dem die Auseinandersetzung mit der Bibel, mit Sakramenten und mit der Liturgie auf dem Programm stehen. Dabei ist aber auch Zeit, sich untereinander auszutauschen und bei spirituellen Impulsen zur Ruhe zu kommen. Außerdem besuchen wir regelmäßig gemeinsam den Gottesdienst und jeder kann hinterher noch Fragen stellen zur Liturgie oder zur Predigt.

Die Kurse beginnen normalerweise im Herbst und dauern dann ein Kirchenjahr, also etwa bis Pfingsten. So können die Teilnehmer ein ganzes Festjahr miterleben und das auch in der Gruppe reflektieren. Wer mag, kann den Partner oder die Partnerin mitbringen. Dadurch kommen die Paare ins Gespräch darüber, wie jeder von ihnen über den Glauben denkt. Es ist wichtig, zu spüren, dass Glaube den Alltag formen und Familie und Partnerschaft stärken kann.

Kommt dabei auch Kritik an der Kirche zur Sprache?
Natürlich werden auch kritische Themen angesprochen. Finanzskandal, Missbrauchsfälle – das ist nicht weg und soll auch nicht wegdiskutiert werden. Es ist wichtig, zu sehen, dass es auch Schuld in der Kirche gibt, damit muss man sich auseinandersetzen und man muss sich fragen, was für einen selbst wirklich Substanz am katholischen Glauben hat. Wenn ich weiß, was für mich am Glauben wesentlich ist, wonach ich mich ausrichten will, dann kann ich auch als gläubiger Christ dafür einstehen, dass das, was es an Fehlhaltungen in der Kirche gibt, benannt und aufgearbeitet wird.
Die meisten Taufbewerber wissen, dass ihnen jenseits der Skandale etwas anderes an Kirche und Glauben wichtig ist. Allerdings werden manche von Verwandten oder Bekannten richtig unter Druck gesetzt, sich für den Schritt rechtfertigen zu müssen.

Wie läuft eine Erwachsenentaufe ab?
Der klassische Tauftermin ist Ostern. Der Bewerber kann sich aussuchen, ob er vom Bischof in der Osternacht getauft werden will oder an einem Sonntag in der Osterzeit in seiner Heimatgemeinde. Davor, meist am ersten Sonntag der Fastenzeit, gibt es einen Segnungsgottesdienst, auch Zulassungsfeier genannt.

Bei der Tauffeier selbst geht es erst um die Absage an das Böse und die Zuwendung zu Christus mit dem Glaubensbekenntnis. Dann wird der Täufling mit Wasser getauft. Er hält den Kopf über die Taufschale und der Pate steht hinter ihm und legt ihm die Hand auf die Schulter als Symbol dafür, dass er ihn bestärkt. Danach wird nach dem Taufnamen gefragt. Erwachsene können sich bei der Taufe zusätzlich zum Vornamen einen Taufnamen aussuchen, wenn sie möchten. Anschließend wird dem Täufling ein weißes Gewand umgelegt als Zeichen dafür, dass er Christus anlegt, und die Taufkerze wird übergeben. Sie soll zeigen, dass Christus das Licht ist, das unseren Weg erleuchtet. Gleich nach der Taufe folgt die Firmung. Daran wird deutlich, dass Taufe und Firmung zusammengehören wie zwei Seiten einer Medaille: Ich werde aufgenommen in die Kirche und bin jetzt auch Gesandter der Kirche, beauftragt, als Christ zu handeln. Und schließlich dürfen die frisch Getauften noch ihre erste Kommunion empfangen und zwar in Gestalt von Brot und Wein.

So eine Erwachsenentaufe ist ein sehr bewegender Gottesdienst. Ich würde mir wünschen, dass mehr Leute das miterleben können, weil dabei klar wird, dass Christsein zu tun hat mit einer bewussten Entscheidung.    

Katholisch werden – wie geht das?

In allen Bistümern gibt es Stellen der Glaubensorientierung oder Glaubensinformation. Dorthin können sich Menschen wenden, die Fragen zum Glauben haben oder mit dem Gedanken spielen, sich taufen zu lassen. Natürlich dürfen sich Suchende auch jederzeit an einen Seelsorger in ihrer Nähe wenden. Erste Informationen gibt es außerdem im Internet unter www.katholisch-werden.de



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