Lebendig und alltagsnah
So feiern die Kleinsten: Warum Kindergottesdienste wichtig sind und was sie auszeichnet
Sie sind oft die ersten Orte, um Jungen und Mädchen für den Glauben zu begeistern. Dafür braucht es eine wertschätzende Atmosphäre und viel Kreativität. Weitere Zutaten für einen guten Kindergottesdienst verrät der Bamberger Pastoralreferent Thomas Höhn.
veröffentlicht am 01.09.2023
Normale Gottesdienste locken meistens nur wenige Kinder in die Kirche. Alternativ dazu gibt es in vielen Gemeinden Kindergottesdienste. Warum ist diese Form der Glaubensfeier ebenso wichtig?
Kindergottesdienste bieten den Glauben für Kinderaugen, Kinderohren und Kinderhände an. Normale Gottesdienste sind von der Sprache, der Musik und der ästhetischen Gestaltung her für Kinder nicht so geeignet. Außerdem dauern sie meistens zu lang. Ich sehe Kindergottesdienste als eine Art Nest. Irgendwann klettert der Vogel aus seinem Nest, hüpft die Äste entlang und schwingt sich dann empor. So ist das auch bei den Kindergottesdiensten. Sie bilden die kirchliche Basis.
Kindergottesdienste werden manchmal lediglich als nette Spielrunde angesehen und etwas belächelt. Was entgegnen Sie da?
Da gibt es nichts zu belächeln, denn Kindergottesdienste sind eminent wichtig. Ich muss bei den Wurzeln beginnen. Kindergottesdienste sind die Erde, in die der Glaube gepflanzt werden kann, und wenn diese Kirche Bestand haben will, muss ich mich um diese Erde und die Wurzeln, die entstehen, kümmern und sie pflegen.
Für welche Altersspanne machen Kindergottesdienste Sinn?
Das kommt auf die Gestaltung an. Es gibt ja auch schon Krabbelgottesdienste für ganz Kleine. Die klassischen Kindergottesdienste, gemeint sind damit frei gestaltete Wortgottesdienste, fangen mit dem Kindergartenalter an und gehen bis in die Zeit vor der Erstkommunion.
Sie haben schon gesagt, dass Kindergottesdienste wie ein Nest sind und die kirchlichen Wurzeln bilden. Was sollen sie darüber hinaus erreichen?
Kindergottesdienste sollen ein Resonanzraum sein. Die Kinder sollen dort erleben, dass sie handlungs- und sprachfähig sind und dass sie vor allem auch gehört werden. Es geht also um wirksame Begegnungen. Ein Kindergottesdienst ist kein Programm, das einfach abgespult wird, sondern ein lebendiger Prozess, bei dem Erwachsene und Kinder miteinander in Beziehung treten.
Bei einem Kindergottesdienst braucht man viel Kreativität und muss sich genau überlegen, wie man gewisse Transfers in die Lebenswelt der Kinder schafft. Inwiefern ist die Vorbereitung eines Kindergottesdienstes vielleicht sogar herausfordernder als die eines normalen Gottesdienstes?
Für die sonntägliche Eucharistiefeier liegen bis auf die Predigt alle Textteile (Gebete, Lesungen etc.) komplett vor. Bei einem Kindergottesdienst geht es um die gesamte Gestaltung. Ich muss mir die sonntägliche Leseordnung anschauen und überlegen, was die entsprechenden Texte für Kinder bedeuten, inwiefern sie sich darin wiederfinden können und wie ich das umsetzen kann. Das ist oft mühsam und schwierig, aber es ist auch eine lohnende Arbeit.
Mittlerweile gibt es viele Eltern, die selbst nur noch ein rudimentäres Glaubenswissen mitbringen. Ist der Kindergottesdienst auch für Erwachsene ein gutes Format, um den eigenen Glauben wiederaufzufrischen?
Ja und nein. Bei Kindergottesdiensten geht es nur sekundär und nebenbei um die Vermittlung von Glaubenswissen. Wenn biblische Geschichten erzählt werden, lernen die Eltern sie natürlich automatisch mitkennen. Im Mittelpunkt steht allerdings das Beziehungsgeschehen. Wenn die Eltern erleben, dass die Kindergottesdienste ihren Kindern und ihnen selbst guttun, und wenn beide Seiten sich dort wohlfühlen, kann das ein Einfallstor sein, um auch als Erwachsener wieder mehr über den eigenen Glauben nachzudenken.
Kindergottesdienste werden klassisch hauptsächlich von Müttern organisiert. Können sie dem widersprechen?
Leider nein, aber ich habe auch andere Teams wie an meinem eigenen Wohnort im Kopf, bei denen durchaus viele Papas mitmachen. Ich glaube, solange es primär immer noch die Mütter sind, die die Erziehungszeit zu Hause verbringen, wird sich auch bei den Kindergottesdienst-Teams nicht viel ändern, und wir verharren in den klassischen Rollenbildern. Dabei fände ich es gut und wichtig, dass die Kinder sowohl Männer als auch Frauen hier handelnd erleben.
Was wäre Ihre Botschaft an Eltern – an die Mütter und die Väter: Warum lohnt es sich, sich für Kindergottesdienste zu engagieren?
Kindergottesdienste sind sehr lebendig, strahlen viel aus und schaffen Vernetzung. Ich rate auch immer dazu, den Kindergottesdienst nicht für sich allein stehen zu lassen, sondern ihn mit einer weiteren Gemeinschaftserfahrung zu verknüpfen – zum Beispiel mit einem Frühstück vorher oder einem Brunch nachher. Das ist genauso wichtig wie der Kindergottesdienst an sich. Wenn das gelingt, macht es einfach Spaß, sich dafür zu engagieren. Das ist ein Ehrenamt, in das ich mein eigenes Charisma sehr gut einbringen kann und bei dem ich auch ganz viel mit nach Hause nehme.
Fünf Tipps von Thomas Höhn für einen guten Kindergottesdienst
- Ein guter Kindergottesdienst findet nicht zu Randzeiten, sondern zur Primetime statt. Die beste Gottesdienstzeit für die Gemeinde ist auch die beste Gottesdienstzeit für den Kindergottesdienst.
- Auch ein Kindergottesdienst braucht einen ästhetischen Rahmen. Er sollte nicht einfach in irgendeinem Raum gefeiert werden, der gerade frei ist und in dem nebendran vielleicht noch die Tische aufeinandergestapelt sind. Die Wahl des Ortes ist ein Zeichen der Wertschätzung.
- Der rote Faden muss erkennbar sein. Gerade bei einem Kindergottesdienst ist es wichtig, dass sich der Ablauf nicht ständig ändert, sondern in gewisser Weise ritualisiert ist.
- Weniger ist manchmal mehr. Leider werden Kindergottesdienste oft mit zu vielen Liedern, Texten und Mitmachelementen überfrachtet. Das zieht die Feiern unnötig in die Länge. Der klassische Kindergottesdienst sollte 30 bis maximal 40 Minuten dauern.
- Der Kindergottesdienst hat nicht nur die Kinder, sondern auch die Begleitenden – seien es Eltern, Großeltern oder andere Verwandte – im Blick. Jeder soll aktiv einbezogen werden. Für die Kinder ist es wichtig, dieses Miteinander von Groß und Klein zu erleben.