Großes Gefühl
Wie ein junger Bergsteiger mit seiner Angst umgeht
Jost Kobusch war schon mehrmals in Lebensgefahr. Von diesen Erfahrungen lässt sich der 25-jährige Extrembergsteiger jedoch nicht abschrecken. Schon als Kind hat er sich seinen Ängsten gestellt.
veröffentlicht am 01.11.2017
Kirgistan, 2013: Jost Kobusch will den Pik Lenin im Winter besteigen – allein, ohne Expeditionsgruppe. Einen 7134 Meter hohen Berg. Er ist enthusiastisch und blendet dabei aus, dass ihm die Erfahrung für ein solches Projekt noch fehlt.
Am Ende des Tages gerät er in ein Labyrinth aus Spalten. Das Licht nimmt ab und er ist gezwungen, an diesem gefährlichen Ort sein Zelt aufzuschlagen. Mit fast tödlicher Folge: In der Nacht kommt ein Sturm auf, reißt das Zelt los und lässt es auf eine riesige Gletscherspalte zurutschen. „In diesem Moment hatte ich eine tiefe Angst, die ich auch physisch spüren konnte“, erzählt er. „Angst davor, dass ich all die Dinge, die ich mir so erträumt habe, vielleicht nie mehr machen kann.“
Doch Jost Kobusch rettet sich in eine mit Schnee gefüllte Spalte und überlebt. Diese Situation in Kirgistan ist nur eine von sechs Nahtoderfahrungen des 25-jährigen Extrembergsteigers aus
Borgholzhausen bei Bielefeld. Die Angst, die ihn damals gepackt hat, schreckt ihn vor weiteren Touren jedoch nicht ab. Im Gegenteil: „Angst hat auch etwas Gutes. Sie zeigt mir meine Grenzen und zwingt mich, fokussiert und konzentriert zu sein. Sie setzt Ressourcen frei, auf die ich sonst keinen Zugriff hätte“, erklärt er ruhig und analytisch. Eigenschaften, die am Berg lebensnotwendig für ihn sein können.
Auch als Kind hat sich Jost Kobusch schon früh seinen Ängsten gestellt. Als Zwölfjähriger hat er Höhenangst, traut sich nicht, vom Dreimeterbrett zu springen, trägt sich aber trotzdem in die Kletter-AG ein. „Ich habe immer sehr viel Computer gespielt und da hangelt man sich ja auch von Level zu Level. Das hat mich stark beeinflusst. Ich wollte immer über meine Ängste hinauswachsen.“
Diese Willensstärke zieht sich durch sein ganzes Leben. Im vergangenen Jahr hat Jost Kobusch seinen ersten Achttausender bezwungen – die Annapurna im Himalaya. Auch dort war er allein unterwegs. Das sei einfach schwieriger und intensiver: „Ein Restrisiko bleibt natürlich immer. Aber die Angst darf einen nie hemmen, sich seine Lebensträume zu erfüllen.“