Gelassenheit hilft
Was tun, wenn mein Kind anders ist?
Konzertpianist, Zahnarzt, Profisportler – viele Eltern haben hohe Erwartungen an die Zukunft ihrer Kinder. Doch was tun, wenn das Kind dem nicht gerecht werden kann oder will? Ein Standpunkt von Andreas Halbig.
veröffentlicht am 12.09.2020
Was tun? Entscheidend sind Liebe, Geduld und eine passgenaue Förderung!
Ein Konzertpianist ist ein Künstler, ein Zahnarzt ein akademischer Handwerker und ein Profisportler ist meist ein Mensch mit einer ausgeprägten körperlichen Disposition und eisernem Willen. Sind die genannten Berufsgruppen besser oder schlechter, wertvoller oder normaler als Gebäudereiniger, die akribisch für Sauberkeit sorgen, Bauarbeiter, die körperliche Schwerstarbeit leisten, oder Hauswirtschafter und Servicekräfte, denen das Wohl anderer Menschen am Herzen liegt? Die christliche Sichtweise der Geschwisterlichkeit aller Menschen und der damit verbundenen Begegnung auf Augenhöhe wird leider allzu oft ausgeblendet. Wenn wir daran glauben, alle Abbilder unseres Gottes zu sein, ist es immer wieder notwendig, unsere Definition von Normalität einer Prüfung zu unterziehen. Berufe werden unterschiedlich vergütet und damit verbunden haften den Berufen bedauerlicherweise ein entsprechendes Image und eine damit unterschiedliche gesellschaftliche Wertschätzung an.
Kein Wunder, wenn besorgte Eltern ihre Kinder akribisch vergleichen und von Angst getrieben das Beste für ihr Kind wollen und sich damit oft selbst und vor allem ihre Kinder unter Druck setzen. Dabei ist es doch beispielsweise „normal“ und selbstverständlich, dass Kinder, die sich mit dem Lernen schwertun, genauso Unterstützung brauchen wie Kinder, die auf dem Gymnasium erfolgreich sein wollen. Nur die Form der Unterstützung muss ggf. eine andere – die passende – sein. Was uns oft abgeht, scheint Gelassenheit zu sein; Gelassenheit und Zeit können helfen. Immer wieder darf ich in meinem beruflichen Kontext unglaubliche Entwicklungen von jungen Menschen bestaunen. Junge Menschen können sich entwickeln und wachsen.
Außerdem, jede Generation tut sich schwer mit den sich ändernden Lebensvorstellungen der folgenden Generation. Insgesamt werden die Menschen aber, zumindest nach meinem Empfinden, nicht schlechter oder besser – vielleicht nur etwas anders. Gerade wenn wir unsere Kinder „als schräg empfinden“, brauchen sie unsere Liebe und Begleitung umso mehr. Wichtig ist, sein Kind so anzunehmen, wie es ist, mit allen seinen Stärken und Schwächen, und nicht die eigenen Erwartungen in das Kind zu projizieren. Hilfreich ist es, den Fokus immer wieder auf die Qualitäten und Stärken unserer Kinder zu richten. Der junge Mensch muss spüren, ich kann etwas, ich habe Stärken und ich muss auch nicht alles können. Um sich auf dem manchmal steinigen Weg zu bekräftigen, tut es gut, sich mit anderen Eltern auszutauschen.
Beratungsstellen und Facheinrichtungen können zu Wegweisern und hilfreichen Begleitern werden. Aus meiner Sicht gelten im Umgang mit Kindern und Jugendlichen immer die gleichen pädagogischen Grundhaltungen, keiner darf sich allein gelassen fühlen, es braucht Vorbilder und gute Wegbegleiter. Ein Satz aus einem Bilderbuch ist in meiner Familie zu einem kleinen Motto geworden: „Mit Mut wird’s gut!“