Medientipps zu Tod und Trauer
Die besten Bücher und eine Serie rund um Tod, Trost und Trauer – ausgewählt und empfohlen von Mitarbeitenden des Don Bosco Magazins.
Ratgeber
Wege durch die Trauer um ein Kind
Vermutlich ist es Typsache, was einem trauernden Elternteil guttut. Kurz nachdem mein eigenes Kind gestorben war, hätte ich dieses Buch niemals lesen können. Es wäre mir damals zu nüchtern, zu wissenschaftlich, zu analytisch gewesen. Jetzt, ein paar Jahre später, finde ich es interessant und verblüffend, so viel von meinem eigenen Trauerprozess widergespiegelt zu sehen.
Die Autoren zeigen die Beispiele von drei Familien: Das eine Elternpaar hat sein Kind noch vor der Geburt verloren. In der zweiten Familie ist der Sohn an Krebs gestorben. Im dritten Beispiel haben die Eltern ihre Tochter durch Suizid verloren. Anhand der Beispiele – übrigens alles wahre Geschichten – werden die Gefühle der Eltern analysiert, die Phasen der Trauer gezeigt und Tipps gegeben, wie trauernde Eltern ihren eigenen Weg durch den Schmerz finden können. Immer wird dabei deutlich, dass es nicht den einen, generell richtigen Umgang mit Trauer gibt, sondern viele individuelle Wege, den Tod eines Kindes zu verarbeiten und die schreckliche Erfahrung in das eigene Leben zu integrieren.
Manchem mag das zu nüchtern sein für ein so emotionales Thema. Doch genau diese Sachlichkeit hat auch etwas Beruhigendes: Wissenschaftlich fundiert zu lesen, dass Trauer Zeit braucht, dass die damit verbundenen Gefühle ganz normal sind und dass es Wege gibt, mit dem Tod des eigenen Kindes weiterzuleben, kann tröstlich sein und trauernden Eltern Hoffnung geben.
Übrigens: Empfehlenswert ist das Buch auch für Menschen, die Mütter, Väter oder Geschwister eines verstorbenen Kindes begleiten wollen. Es hilft zu verstehen, wie Trauernde fühlen.
Claudia Klinger ist Redakteurin des Don Bosco Magazins und schreibt gerne über Themen rund um Familie und soziale Gerechtigkeit. Sie ist Mama von drei Jungs.
„Wenn ein Kind gestorben ist oder Die Farben der Trauer“ von Andreas Schulze und Wolfram Schulze. (Verlag Oberste Brink, € 22,00)
Kinder-Sachbuch
Wenn die Worte fehlen
Vergangenes Jahr war ich mit einem plötzlichen Todesfall im engen Familienkreis konfrontiert. Selbst zutiefst erschüttert stellte sich mir die Frage: Wie soll ich das alles meinen beiden Töchtern (fünf und sieben Jahre alt) erklären? Das erste Mal war jemand gestorben, den sie gut kennen. Und das erste Mal würden sie auf eine Beerdigung gehen.
Bücher helfen mir oft, mit den Kindern über schwierige Themen ins Gespräch zu kommen. Und so bin ich auf den Band „Abschied, Tod und Trauer“ der Sachbuchreihe „Wieso? Weshalb? Warum?“ aus dem Ravensburger Verlag gestoßen.
Der Band beschreibt, wie Oma Ella im Hospiz stirbt und wie Opa, Tochter und Enkelkinder damit umgehen. Ganz konkret wird erklärt, was nach dem Tod passiert: Der Leichenwagen kommt, ein Grab wird ausgehoben, der Leichnam wird verbrannt oder in einen Sarg gelegt. Die Kinder erfahren, wie eine Beerdigung abläuft, was ein Friedhof ist und wie andere Kulturen ihre Toten bestatten. Durch die einfühlsamen Illustrationen und den ihnen vertrauten Bildklappen konnten die Kinder sich eine Vorstellung davon machen, was auf einer Beerdigung geschieht. Es wird behutsam und nicht zu viel erklärt, aber auch nichts schöngeredet.
Auf emotionaler Ebene werden zentrale Fragen gestellt: Wie fühlt sich Trauer an? Was tröstet? Was passiert nach dem Tod? Die Antworten sind auf den kindlichen Erfahrungshorizont abgestimmt, zum Beispiel: „Wie fühlt sich tot sein an? Wenn man stirbt, hört das Herz auf zu schlagen und man atmet nicht mehr. (…) Tote können nicht essen. Tote können nicht basteln (…)“.
Als mir selbst die Worte fehlten, hat dieses Buch geholfen, meinen Kindern das Thema Tod und Trauer konkret näherzubringen.
Marion Neuwirth arbeitet in der Redaktion von Don Bosco Medien. Sie hat zwei Töchter und lebt mit ihrer Familie in Taufkirchen bei München.
„Abschied, Tod und Trauer“ von Patricia Mennen, Illustrationen: Melanie Brockamp (Verlag Ravensburger, € 14,99)
Interaktives Trauerbuch für Kinder
Abschied nehmen, vermissen, erinnern
Viele Menschen haben ein Problem mit dem Thema „Tod“ und ich gestehe: ich auch. Umso mehr hat es mir dieses Buch angetan. Denn es hilft Kindern und Jugendlichen, ihre Trauer und alle Gefühle, die damit verbunden sind, in Worte zu fassen, sie zuzulassen und sie nicht zu werten. „Weil du mir so fehlst“ von Ayse Bosse ist aber nicht nur ein Trauerbuch für Kinder. Es unterstützt die Eltern dabei, ihre Kinder durch die Trauer zu begleiten – und viele Anregungen können die Erwachsenen genauso gut für sich selbst umsetzen. Da wäre zum Beispiel der Brülleimer, in den man seine ganze Wut schreien darf. Oder die Feuer-Nachrichten, auf die man Botschaften oder Wünsche an die verstorbene Person schreiben und sie in ein Lagerfeuer oder eine Feuerschale werfen kann.
Schon den Anfang des Buches finde ich sehr gelungen, denn es gibt sowohl ein Vorwort für die Kinder als auch eines für die Erwachsenen. Und schon diese beiden Texte vermitteln Klein und Groß so viel Mut, dass man keine Angst hat, weiterzulesen, auch wenn man sich am liebsten vor dem Thema drücken würde. Auch alles Weitere, das folgt, nimmt die Kinder und Jugendlichen sehr behutsam und kreativ durch die Trauer mit. Es ist kein Buch nur zum Vorlesen, sondern zum Selbst-Aktiv-Werden. Es gibt Seiten, auf denen die eigenen Ängste und Fragen aufgeschrieben werden dürfen, und Seiten, auf denen Erinnerungen an die verstorbene Person festgehalten werden können. Dass dieser Aspekt ebenso aufgegriffen wurde, gefällt mir besonders gut. Denn so ist das Buch sowohl eine Stütze während der akuten Trauerphase als auch eine wertvolle Sammlung an Erinnerungen, die jederzeit durchgeblättert werden kann.
Und damit nicht genug: Das Trauerbuch für Kinder hat noch ein doppeltes Bonus-Material, das ebenso wunderbar gemacht ist. Zum einen liegt dem Buch ein Poster bei „Mein Recht auf Trauer“, das die verschiedenen Möglichkeiten der Trauer aufzeigt und jedes Kind darin bestärkt, so zu trauern, wie es will. Zum anderen hat der Sänger „Bosse“ extra für dieses Buch einen Song komponiert, der ebenfalls „Weil du mir so fehlst“ heißt und kostenlos zum Download bereitsteht. Dieses Lied trifft dieselbe Tonalität wie das Buch: In einer Leichtigkeit wird die Trauer ernstgenommen und versucht, die Wut in Mut umzuwandeln.
Als Lesealter wird „ab 4 Jahren“ angegeben und für mich gibt es nach oben keine Grenze, denn dieses Buch schafft es, mit unterschiedlichen Elementen jede und jeden an die Hand zu nehmen und durch die Trauer zu führen.
Nicole Stroth ist Redakteurin bei Don Bosco Medien, Mutter von Zwillingen und lebt mit ihrer Familie in München.
„Weil du mir so fehlst“ von Ayse Bosse und Andreas Klammt (Carlsen, € 14,99)
Serie
Trauern mit Kreativität, Ehrlichkeit und Humor
Als ihr Mann nach 25 Ehejahren plötzlich stirbt, steht die Zahnarztgattin Karla Fazius (fantastisch: Anke Engelke) plötzlich alleine da mit zwei pubertierenden Kindern, einer pflegebedürftigen Mutter und ohne Geld. Also nimmt sie ihr Leben selbst in die Hand – und beschließt, Trauerrednerin zu werden.
Bestatter Andreas Borowski (Thorsten Merten) ist von den ungewöhnlichen Methoden, mit denen seine neue Mitarbeiterin die Kunden des kriselnden Unternehmens konfrontiert, anfangs wenig begeistert. Doch das kümmert Karla nicht. „Ich glaube, dass jeder Mensch einzigartig ist und deswegen eine einzigartige Beerdigung verdient hat“, erklärt sie. „Ich glaube nicht an Regeln, ich glaube an Kreativität, Ehrlichkeit, Gefühl und Humor.“ Und so kann es passieren, dass die Trauerbegleiterin im Fußball-Outfit an einem Grab auftaucht oder dass eine Angehörige vor der versammelten Trauergemeinde voller Wut auf den Sarg losgeht.
Diese Serie über den Tod handelt vor allem vom Leben. Es fallen bisweilen pietätlose Sätze. Es gibt Bilder, die irritieren. Aber genau das macht „Das letzte Wort“ (2020, 6 Folgen) so unglaublich berührend, unterhaltsam und besonders. Indem die Serie die Lebenden ernst nimmt, verliert der Tod etwas von seinem Schrecken.
Christina Tangerding ist freie Journalistin und lebt mit ihrem Mann und zwei Teenager-Kindern in München.
„Das letzte Wort“ von Aron Lehmann und Carlos V. Irmscher (Netflix)
Bilderbuch für Erwachsene
Trauerbegleiter mit einfühlsamen Texten und fantasievollen Bildern
Trauer auszuhalten oder zu begleiten, ist etwas, das viel Fingerspitzengefühl verlangt. Ich finde, in „Getröstet“ ist genau dieses Fingerspitzengefühl zu finden. Das Buch gibt keine Ratschläge, zählt keine Beispiele und wissenschaftlichen Befunde auf, will die Trauer nicht abkürzen oder ändern. Stattdessen macht es Mut, die eigene Trauer zuzulassen, und begleitet den Prozess mit kurzen einfühlsamen Texten und fantasievollen Bildern in starken Farben.
Trauernde können sich darin ebenso wiederfinden wie Menschen, die andere durch Trauer begleiten. Denn „Getröstet“ bestärkt in dem, was eigentlich so leicht klingt, aber manchmal unglaublich schwer ist: einfach nur da sein, zuhören, das Traurig-Sein des anderen aushalten. Wer das Buch liest, fühlt, auch ohne es ausdrücklich gesagt zu bekommen, dass Trauer Zeit braucht und dass sie sein darf.
Am Ende des Buches steht die Hoffnung darauf, dass das Schöne im Leben irgendwann zurückkommt – aber nicht als ein Muss, sondern als etwas, das sein kann und das die trauernde Person selbst in der Hand hat: „Meistens wird alles wieder gut. Manchmal wird es anders. Ob es dann wieder gut wird, kannst du entscheiden.“ Gerade das finde ich persönlich tröstlich.
Claudia Klinger ist Redakteurin des Don Bosco Magazins und schreibt gerne über Themen rund um Familie und soziale Gerechtigkeit. Sie ist Mama von drei Jungs.
„Getröstet“ von Kerstin Hau, Illustrationen: Sonja Wimmer (Gütersloher Verlagshaus, € 16,00)
Impulskarten
Kinderfragen zu Tod und Trauer beantworten
Kinder sind neugierig und können einem Löcher in den Bauch fragen. Oft wissen wir als Erwachsene allerdings nicht sofort, wie Fische schlafen oder wie viele Stacheln Igel haben. Doch diese Antworten sind schnell gegoogelt. Schwieriger wird’s bei Fragen rund um Tod und Trauer. Wie erkläre ich meinem Kind, wie eine Beerdigung abläuft und was beispielsweise bei einer Feuerbestattung passiert? Wie beschreibe ich den Abschied am Sarg und wie mache ich ihm den Begriff „Erlösung“ verständlich? Die Foto-Impulskarten von Margit Franz bauen Brücken für Eltern, um mit ihren Kindern im Alter von vier bis zehn Jahren über diese emotionalen Themen ins Gespräch zu kommen.
Jede Fotokarte funktioniert nach demselben Prinzip: Auf der Vorderseite ist ein Bild zu sehen, auf der Rückseite gibt es zu dem jeweiligen Thema einen kindgerechten Text. Abschließend folgen einige Fragen, die die Kinder zum Nachdenken anregen sollen. Bei dem Wort „Seele“ lautet eine Impulsfrage zum Beispiel: Wie stellst du dir die Seele eines Menschen vor? Bei dem Wort „Grablicht“ ist unter anderem die Frage aufgeführt: Was hilft dir, um dich an einen verstorbenen Menschen oder an ein verstorbenes Tier zu erinnern?
Was ich bei diesen Fotokarten sehr gelungen finde, ist, dass die Kinder als Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner ernstgenommen werden und ihre eigenen Vorstellungen und Fragen äußern dürfen. Sie werden miteinbezogen und die Eltern bekommen über die Bilder und Texte eine ideale Grundlage, um Worte für etwas zu finden, was für sie selbst zum Teil schwer zu verstehen oder zu erklären ist. Da die Fotokarten verschiedene Themenkomplexe aufgreifen, können einzelne gezielt für die gerade zutreffende Situation ausgewählt werden – um mit den Kindern generell über den Tod zu sprechen, um sie in ihrer Trauer um einen verstorbenen Menschen zu begleiten oder um sie ganz konkret auf eine bevorstehende Beerdigung vorzubereiten.
Die Fotokarten sind für Eltern zuerst vielleicht etwas ungewohnt, aber durch das Begleitheft erfährt man schnell, wie man sie am besten einsetzen kann – nicht nur in Kita und Grundschule, sondern auch in der Familie.
Nicole Stroth ist Redakteurin bei Don Bosco Medien, Mutter von Zwillingen und lebt mit ihrer Familie in München.
„Mit Kindern über Abschied, Verlust und Tod sprechen – Impulskarten für Kita, Grundschule und Familie“ von Margit Franz (Don Bosco Verlag, € 16,00)
Bilderbuch
Wie ein Dachbodenfund
Als Sam eines Tages wie so häufig seinen Opa besuchen möchte, ruft dieser ihn zu sich auf den Dachboden. Zwischen vielen Schätzen und Erinnerungen, die Sams Großvater von seinen Weltreisen mitgebracht hat, tut sich die große Metalltür eines Schiffs auf. Durch sie betreten die beiden einen riesigen Ozeandampfer und reisen mit ihm, sicher und geschickt gelenkt von Sams Opa, zu einer kleinen Insel. Gemeinsam erkunden sie den dortigen Urwald, machen einen alten, verlassenen Schuppen wieder bewohnbar und verbringen eine aufregende Zeit zu zweit. Doch als Sam sich wieder auf den Heimweg machen möchte, will sein Opa nicht mit ihm kommen.
„Opas Insel“ von Benji Davies ist ein Buch für Kinder ab vier Jahren über den Abschied von einem geliebten Menschen und die Trauer um ihn. Wunderschön illustriert schürt das Bilderbuch die Hoffnung darauf, dass unsere verstorbenen Liebsten zwar nicht mehr dort sind, wo sie immer waren, aber doch an einem wundervollen Ort und ganz in unserer Nähe. Dabei erinnert „Opas Insel“ Kinder und Erwachsene an das Gefühl, wenn wir ein Andenken an einen geliebten Menschen auf dem Dachboden finden.
Christoph Sachs ist Redakteur bei Don Bosco Medien und lebt mit seiner Frau und drei Kindern in München.
„Opas Insel“ von Benji Davies (Aladin Verlag, € 16,00)
Kurzgeschichten
Vom Trauern und Hoffen
Es sind Geschichten, die anrühren, die einen nachdenklich stimmen, die aber auch Raum zum Schmunzeln lassen. Nicht jede der 18 Kurzgeschichten spricht mich gleichermaßen an, aber genau das ist für mich das Reizvolle an dem Buch „Wie lang ist ewig?“ von Susanne Niemeyer. Denn ich glaube, man kann es immer wieder zur Hand nehmen und wird je nach Lebenssituation andere Geschichten favorisieren oder neue Aspekte in ihnen erkennen.
Mich persönlich haben zum jetzigen Zeitpunkt, da ich diese Zeilen schreibe, zwei Geschichten besonders berührt. Beide sind aus der Sicht der Sterbenden erzählt, deren Wünsche von den Angehörigen nicht groß beachtet werden, weil diese zu sehr mit ihren eigenen Vorstellungen vom Tod und vom Altwerden beschäftigt sind. Auch die Rahmenhandlung, die alle Geschichten verbindet, sodass es nicht nur eine lose Aneinanderreihung von Kurzgeschichten darstellt, finde ich sehr gut gewählt. Sie nimmt uns in die Gedanken- und Gefühlswelt eines Kindes mit, das den letzten Abend mit seinem sterbenden Großvater verbringt. Und ganz ehrlich: So wesentlich unterscheiden sich die Kinderfragen zum Tod oft ja gar nicht von denen, die uns selbst als Erwachsene umtreiben.
Abschied nehmen, loslassen und vertrauen können: Themen, die unser Leben prägen, werden in diesem Buch auf ganz unterschiedliche Weise aufgegriffen – aber immer mit einer großen Portion Hoffnung und Zuversicht.
Nicole Stroth ist Redakteurin bei Don Bosco Medien, Mutter von Zwillingen und lebt mit ihrer Familie in München.
„Wie lang ist ewig? Geschichten vom Trauern, Hoffen, Lieben“ von Susanne Niemeyer (Herder Verlag, € 14,00)