Pfaffendorf

Ein Besuch in der sanierten Dominikus Savio Schule

Drei Jahre lang wurde die Dominikus Savio Schule in Pfaffendorf saniert. Seit Februar wird dort wieder gelernt. Die Räume sollen den Förderschülerinnen und -schülern vor allem eines vermitteln: Wertschätzung. Wir haben uns das Gebäude angeschaut.

veröffentlicht am 19.05.2021

Im Kunstunterricht besprechen sie gerade Picasso. Sein Gemälde von den drei Musikanten thront auf einer Staffelei, im Halbkreis davor stehen rote Stühle für die Schüler der Klasse 6L. Das L steht für Lernen – einen der Förderschwerpunkte an der Dominikus Savio Schule in Pfaffendorf. Abstrakte Malerei im Unterricht für Förderschüler – echt jetzt? „Klar“, meint Referendar Markus Böhm, der die Klasse leitet. Er erlebt oft, dass seinen Schülern wenig zugetraut wird. „Manche sagen selbst, dass sie nicht gerne erzählen, auf welcher Schule sie sind“, sagt er. „Dabei ist unsere Schule toll!“ Umso mehr, seit das Gebäude generalsaniert wurde.

Der ursprüngliche Bau stammt aus den 1970er-Jahren. Nach mehr als drei Jahrzehnten sah man den Räumen an, dass sie schon viele Generationen von Schülern beherbergt hatten, der Brandschutz entsprach nicht mehr den neuesten Auflagen und die technische Ausstattung war längst überholt. „Es war ganz einfach Zeit, entweder neu zu bauen oder zu sanieren“, erklärt Schulleiterin Christine Loy. Lange wurde geplant, Fördergelder wurden beantragt. Vor dreieinhalb Jahren rückten schließlich die ersten Bagger an. Der Unterricht fand während der Bauzeit zum Teil in Räumen des benachbarten Jugendhilfezentrums statt, zum Teil auch in Containern. Ende Februar 2021 war die neue Schule dann endlich so weit fertig, dass Schüler und Lehrer gemeinsam einziehen konnten.

Alles ist perfekt abgestimmt auf den Alltag in der Förderschule

Von außen ist die Schule hellgrün und grau. Im Inneren dominieren Weiß und helles Holz mit farbigen Akzenten im Glas der Zwischentüren und in den kleinen Sitznischen auf den Gängen. Auch das Klassenzimmer der 6L ist hell und freundlich. An den weißen Wänden hängt buntes Unterrichtsmaterial: Eine Stimmungs­anzeige mit verschiedenen Smileys, ein Zeitstrahl mit ­Comicfiguren für den Geschichtsunterricht und eine Tafel mit Wettersymbolen und den englischen Begriffen dazu. Durch die große Fensterfront geht der Blick hinaus auf hohe Bäume. Die klassische Tafel wird demnächst durch ein modernes Smartboard ersetzt, sodass Klassenleiter Markus Böhm alle digitalen Möglichkeiten im Unterricht zur Verfügung stehen. Die nutzt er gerne und mit viel Einfallsreichtum. Für das Distanzlernen im Lockdown hat er witzige Videos im Stil von „Tagesschau“ oder „Frag doch mal die Maus“ gedreht. Im normalen Präsenzunterricht besuchen acht Kinder seine Klasse und er arbeitet viel in kleinen Lerngruppen, damit jedes Kind entsprechend seiner Leistungsfähigkeit individuell gefördert werden kann. Dafür hat jedes Klassenzimmer beim Umbau noch einen kleinen Nebenraum bekommen. In dem von der 6L ist gerade das Gemälde von Picasso aufgestellt. „Es tut den Kindern gut, dass sie so schöne neue Räume bekommen haben. Dadurch erfahren sie Wertschätzung und ihnen wird das Gefühl vermittelt: Ihr habt es verdient, in einer schönen Umgebung zu lernen“, erklärt Markus Böhm.

In die Planung der neuen Räumlichkeiten band Architekt Matthias Dietz die Lehrer eng mit ein, sodass das Gebäude jetzt ziemlich genau den Bedürfnissen des Alltags in der Förderschule entspricht. So gibt es in den Gängen immer wieder kleine Sitznischen als Rückzugsorte sowie einen Anti-Aggressions-Raum und ein Kriseninterventionszimmer, in denen Schüler bei akuten Problemen ihre Wut rauslassen oder in Ruhe ein Gespräch mit einem Lehrer führen können. Denn dass Schüler im Unterricht austicken, kommt immer wieder mal vor.   

Erfolgserlebnisse beim praktischen Arbeiten

Anja Büttner weiß das aus Erfahrung. Sie ist Fachlehrerin für Ernährung und Soziales und unterrichtet seit 15 Jahren Hauswirtschaft und Textiles Gestalten an der Dominikus Savio Schule. In diesem Jahr haben die Schüler sie sogar zur Vertrauenslehrerin gewählt. „Man muss unheimlich viel Geduld haben und es aushalten können, dass man manchmal beschimpft oder einfach abgelehnt wird. Das macht die Arbeit hier schon anstrengend“, erzählt sie. Trotzdem würde sie nichts anderes lieber machen: „Ich selbst habe als Kind negative Erfahrungen gemacht – deshalb will ich jetzt benachteiligte Kinder fördern. Sie sollen lernen, sich selbst wertzuschätzen und anderen respektvoll zu begegnen.“ Die schönsten Momente in ihrer Arbeit sind für Anja Büttner die Erfolgserlebnisse ihrer Schüler. Und die, sagt die Hauswirtschaftslehrerin, hätten ihre Schützlinge vor allem beim praktischen Arbeiten. Deshalb freut sie sich besonders über die tolle neue Ausstattung in den Werk- und Hauswirtschaftsräumen. In der Küche gibt es jetzt zum Beispiel moderne Touch-Induktionskochfelder statt alter Herdplatten. „Das macht das Ganze gerade für die Jungs sehr viel spannender“, erklärt Anja Büttner.

Ein Projekt, das ihr besonders ans Herz gewachsen ist und das sie nach der Coronazeit unbedingt wieder einführen möchte, ist das Schulrestaurant. Einmal in der Woche ist Nachmittagsunterricht an der Dominikus Savio Schule. Zusammen mit sechs Schülern kocht Anja Büttner dann das Mittagessen für alle. Gemeinsam einkaufen, Essen zubereiten, austeilen, die Kasse dafür organisieren und schließlich alles abspülen und aufräumen. Das beschäftigt die Projektgruppe den ganzen Tag, macht die Kinder aber unglaublich stolz, weil sie sehen, was sie gemeinsam erreichen können. Zumal auch die Lehrer und das Leitungsteam des Jugendhilfezentrums im Schulrestaurant mitessen.

Lernen, sich miteinander zu arrangieren

Wertschätzung erfahren und gutes soziales Miteinander lernen sind in allen Bereichen der Dominikus Savio Schule sehr wichtige Ziele. Auch in der Ganztagesbetreuung. Emmi aus der Klasse 6L und ihre Freundinnen kommen nach Unterrichtsschluss hierher. Sie essen gemeinsam, spielen zusammen und machen ihre Hausaufgaben. Auch hier sind die Räume neugestaltet und ganz auf die Bedürfnisse und Lernziele der Schüler ausgerichtet: Tische aus hellem Holz und eine große Eckbank sorgen für eine familiäre Atmosphäre im Raum für das Mittagessen. „Momentan müssen die Kinder beim Essen Coronaabstand halten. Aber wenn sie später gemeinsam auf einer Bank sitzen, lernen sie ganz automatisch, sich miteinander zu arrangieren“, erklärt Betreuerin Ulrike Find. Durch eine Glastür geht es nach draußen auf einen Hof mit kreidebemalten Pflastersteinen, Basketballkorb, Sitzbänken und viel Grün außen herum. Außerdem hat die Ganztagesbetreuung einen Raum für Hausaufgaben und eine Ruheoase mit Modulmöbeln. Aus Sitzblöcken und großen Kissen können sich die Kinder hier die Möblierung immer so bauen, wie sie sie gerade brauchen. „Arbeit mit Kindern und Jugendlichen braucht viel Raum – und den haben wir hier!“, freut sich Ulrike Find.

Auch Schulleiterin Christine Loy schätzt besonders das großzügige Platzangebot der frisch sanierten Schule: „Hätten wir ganz neu gebaut, wären die Räume vielleicht kleiner ausgefallen. So haben wir Platz für ungestörte Elterngespräche, einen eigenen Raum für die Berufseinstiegsbegleitung und eine ganz neue Turnhalle mit Küche, die wir auch für Veranstaltungen und Feste nutzen können. Der Architekt hat uns wirklich gut beraten!“ Und sie hat durchaus das Gefühl, dass auch die Schüler ihre schöne neue Lernumgebung zu schätzen wissen. Natürlich gebe es immer manche, die die Einrichtung wenig pfleglich behandeln – die Mehrheit aber sei stolz darauf, in tollen Räumlichkeiten lernen zu können. Zumindest, wenn man Emmi aus der Klasse 6L fragt, wie ihr die neue Schule gefällt, ist die Antwort eindeutig: Daumen hoch.
   
Vielleicht ist es mit dem neuen Schulgebäude wie mit dem Picasso im Kunstunterricht und dem Projekt Schulrestaurant: Wenn man den Schülern etwas zutraut, können sie zeigen, was in ihnen steckt.   

Die Dominikus Savio Schule in Pfaffendorf

Die Dominikus Savio Schule ist ein Sonder­pädagogisches Förderzentrum mit den Förder­schwerpunkten Sprache, Lernen sowie soziale und emotionale Entwicklung. Im general­sanierten Gebäude am Standort Pfaffendorf lernen rund 75 Schülerinnen und Schüler der 5. bis 9. Jahrgangsstufe. Sie können einen Abschluss im Förderschwerpunkt Lernen, den Mittelschulabschluss oder den qualifizierenden Mittelschulabschluss machen.

Am Schulstandort Ebern sind die Schulvorbereitende Einrichtung (SVE) sowie die Klassen bis zur 4. Jahrgangsstufe untergebracht.


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