Ordensleben

Salesianer werden: Gemeinsam auf dem Weg

In der Ausbildungsgemeinschaft der Salesianer Don Boscos in Wien bereiten sich vier junge Männer auf das Leben als Priester und Ordensmänner im Dienst für junge Menschen vor.

veröffentlicht am 30.05.2024

Es ist ein ganz normaler Dienstag in der Ausbildungsgemeinschaft der Salesianer Don Boscos in Wien. Drei der vier angehenden Priester sind vor Ort im Salesianum, dem Hauptstandort der Österreichischen Provinz, in dem sich nicht nur das Provinzialat, sondern auch das Don Bosco Studentenheim, Jugendräume, die Pfarre Neuerdberg, das offene Jugendzentrum „Sale für alle“ und andere befinden. Ein weiterer junger Salesianer ist gerade an der Universität.

Der Tag hat für Anthony Acquah, Emanuel Eze, Leopold Wilfried Effa Ndong und Fortunato Owono Tomo Mikue um 7:10 Uhr mit der Laudes in der kleinen Kapelle der Ausbildungsgemeinschaft im obersten Stockwerk begonnen. Dort beten und feiern sie nicht nur, sie üben auch den Ablauf der Zeremonien bei einer Messe. Danach folgt jeder junge Salesianer seinem individuellen Stundenplan. Während der eine Theologie an der Universität studiert, führt der andere mit Ausbildungsleiter Pater Johannes Haas ein Kolloquium. Das ist ein persönliches Gespräch, das etwa einmal im Monat stattfindet und bei dem der eigene Weg im Mittelpunkt steht. Manchmal besprechen sie hier eher banale Dinge wie etwa den Verlauf des Studiums, manchmal geht es aber auch um Komplexes wie persönliches Wohlbefinden, Gesundheit oder Fragen und Schwierigkeiten beim Hineinwachsen in ein Leben als Salesianer.

Schwere Sprache, schlechtes Wetter

Allen gemeinsam ist, dass sie die deutsche Sprache lernen müssen, da jeder der Studenten aus einem anderen Land der afrikanischen Westküste kommt. Tony stammt aus Ghana, Leopold Wilhelm aus Gabun, Fortunato aus dem Nachbarland Äquatorialguinea und Emmanuel aus Nigeria. Deutsch zu lernen, ist eine riesige Herausforderung für alle, denn die Muttersprachen der Studenten unterscheiden sich immens von der deutschen Sprache. Zwölf Stunden pro Woche verbringen sie daher an der Deutschakademie.

Doch nicht nur die Sprache ist eine große Herausforderung. „Das Wetter hier macht mir die größten Probleme“, erzählt Emmanuel. „Ich muss ständig zwei Pullis tragen, sonst friere ich!“ Seine WG-Mitbewohner lachen, als er das sagt. „Er heizt sein Zimmer so stark, dass wir es Backofen nennen“, schmunzelt Anthony. Auch das Essen bietet manche Tücke. „Wir kennen die Gewürze nicht, können nicht beurteilen, ob das Essen gut oder schlecht ist. Alles schmeckt für uns einfach nur fremd“, ­berichtet Leopold Wilhelm. Auf die Frage nach dem Lieblings­essen sind sich dann alle aber überraschend einig: „Cordon Bleu“, lautet die simple Antwort.

Gebet und Mittagessen

Apropos Essen: Gegessen wird, sofern es die Studien zulassen, gemeinsam. Zu Mittag trifft sich die Ausbildungsgemeinschaft um zwölf Uhr zur „Geistlichen Lesung“ salesianischer Lektüre. Nach einer kurzen Stille schließen sie die Lesung mit einem Gebet um geistliche Berufe ab und speisen danach mit allen anderen Patres und Brüdern des Hauses.

Wie es für den Orden üblich ist, haben auch die vier jungen Salesianer eine pädagogische Ausbildung gemacht. Entweder haben sie in Benediktbeuern Sozialpädagogik studiert oder bereits früher ein Studium wie Pädagogik, Philosophie oder Erziehungswissenschaften absolviert. Studiengänge aus westafrikanischen Ländern werden in der Regel in Österreich anerkannt, was den Übertritt von Afrika nach Europa erleichtert.

Die Anwendung der Pädagogik erfolgt zumeist im Haus. Anfangs begleiten die jungen Salesianer Orientierungstage, leiten Gebetsabende mit Studentinnen und Studenten des Salesianums, bieten persönliche Gespräche an und arbeiten in der offenen Jugendarbeit des „Sale für Alle“ mit, was vor allem Leopold Wilhelm sehr viel Freude bereitet. „Dort kann ich mit den Kindern und Jugendlichen Fußball oder andere Spiele spielen. Viele stammen auch aus anderen Ländern und so herrscht ein tiefes Verständnis zwischen uns. Wir lernen quasi voneinander.“

Auch der Haushalt muss gemacht werden

Aber auch der Haushalt will erledigt sein. Manche Tätigkeiten sind sehr beliebt, etwa der Sakristei-Dienst, das Wäschewaschen oder das Gießen und Pflegen der Blumen. Andere Erledigungen wie etwa der Lebens­mittel­einkauf oder das Bügeln werden mit einem müden Lächeln hingenommen. „Darum reißt sich keiner“, lacht Pater Johannes Haas, „aber das hilft nichts. Es muss erledigt werden.“ Wie man sieht, sind auch die Salesianer-Studenten ganz normale junge Männer. „Am Abend gönnen wir uns auch mal eine Pizza oder gehen in ein Musical“, berichtet Pater Haas weiter, „und Anthony macht jetzt sogar den Führerschein.“

Die Ausbildung ist sehr lebensnah und bereitet die jungen Männer gut auf das Leben als Salesianer Don Boscos im Dienste junger Menschen vor. So werden aus ihnen als Priester, Lehrer und Lebensbegleiter Vorbilder im Sinne Don Boscos.

Interview mit Pater Johannes Haas

Wie kam es dazu, dass Sie schon in relativ jungen ­Jahren Ausbildungsleiter wurden?
Die Stelle wurde im Herbst 2020 frei, und als mich der Provinzial bat, sie zu übernehmen, sagte ich zu. Anfangs traute ich mir noch wenig zu, aber man wächst mit den Aufgaben und inzwischen sehe ich es als große Ehre, diese Verantwortung in der Begleitung für die jungen Mitbrüder tragen zu dürfen.

Was waren bis jetzt die größten Herausforderungen als Verantwortlicher für die Ausbildungsgemeinschaft?
Eine sehr große Herausforderung sind die kulturellen Unterschiede, wenn etwa Mitbrüder aus Ländern mit verschiedener Muttersprache aufeinandertreffen, ist es anfangs schwierig, sich auf eine gemeinsame Sprache zu einigen, bis alle gut genug Deutsch sprechen können. Auch bürokratische Hürden gibt es gerade bei den neuen Mitbrüdern oft. Das Einzige, worauf wir uns verlassen können, ist der salesianische Geist, der uns eint, und dadurch gelingt die Integration dann im Endeffekt auch. Und so wird die Internationalität der Gemeinschaft eine echte kulturelle Bereicherung.

Auf welche Höhepunkte schauen Sie voller Freude zurück?
Wenn ein junger Salesianer zum Diakon oder Priester geweiht wird, um hinaus in die Welt zu gehen – das erfüllt mich mit tiefer Freude und Dankbarkeit.

Pater Johannes Haas

Seit zehn Jahren gibt es die Ausbildungsgemeinschaft im Wiener Salesianum. Derzeit wird sie von Pater Johannes Haas (Foto) und Bruder Günter Mayer geführt. Pater Haas leitet auch die Jugendpastoral und unterstützt die Berufungspastoral.

Berufen zum Salesianer – das ist der Weg

Junge Männer, die sich für das Ordensleben interessieren, leben nach Aspirantat, Vornoviziat und Noviziat in Ausbildungsgemeinschaften. Im deutschsprachigen Raum findet man diese in Wien (Katholische Theologie) und Benediktbeuern (Soziale Arbeit). Alle Mitbrüder erlangen eine pädagogische Ausbildung, Priesteramtskandidaten studieren Theologie, Brüder erlangen andere Qualifikationen. Ein pädagogisches Praktikum muss ebenfalls absolviert werden. Insgesamt dauert die Ausbildung etwa zehn Jahre.

Weitere Informationen unter:
Berufungs- und Jugendpastoral der Salesianer Don Boscos in Österreich
Jugend- und Berufungspastoral der Deutschen Provinz der Salesianer Don Boscos - für Deutschland und die Schweiz


Verwandte Themen

Marko Krstanovic steht in einem Gang – mit dem Basketball in der Hand und einer Don Bosco-Kette um den Hals.
Dienst für junge Menschen
Schon als Kind möchte Marko Krstanović Basketballprofi werden. Doch dann beendet er seine Karriere, wird Salesianer Don Boscos und zieht ein Leben im Glauben und in Gemeinschaft für junge Menschen dem Glanz des Profisports vor.
Auf der Straße ist ein gelber Pfeil mit drei Richtungen gemalt. Davor steht jemand, bei dem nur die Füße zu sehen sind.
Berufen
Rund 20.000 Ordensfrauen und -männer leben in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie haben sich einem Leben in der Nachfolge Jesu verschrieben. Vier von ihnen erzählen, warum.
Gruppenfoto von Mitgliedern der vier Ordensgemeinschaften
Wien
Vor drei Jahren ist die jüngste Gemeinschaft der Don Bosco Schwestern in das Minoritenkloster an der Alser Straße in Wien eingezogen. Drei Frauen- und ein Männerorden leben hier zusammen.