Berufen

Warum Menschen sich für das Ordensleben entscheiden

Rund 20.000 Ordensfrauen und -männer leben in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie haben sich einem Leben in der Nachfolge Jesu verschrieben. Vier von ihnen erzählen, warum.

veröffentlicht am 28.05.2024

„Mein Lebensweg mit Jesus bleibt jeden Tag aufs Neue spannend“

Portrait Schwester Beatrix Baier

Ich war das fünfte Jahr als Missionarin in der Mongolei, als ich 2014 eine medizinische Diagnose erhielt, die mich zwang, nach Österreich zurückzukommen. Für mich brach die Welt zusammen und ich begann, zu zweifeln: an mir selbst, aber auch an Gott, zu dem ich plötzlich kein Vertrauen mehr hatte. Ich hatte das Gefühl, mein Leben sei jetzt vorbei.

Damals fragte mich bei einer Beichte ein Priester: „Sind Sie in Jesus verliebt?“ Diese Frage traf mich mitten ins Herz. Sie erinnerte mich an das Werben Jesu, wie ich es schon viele Jahre zuvor gespürt hatte, als ich mich entschied, Don Bosco Schwester zu werden. Das war der Beginn meiner zweiten Bekehrung, in der Jesus erneut die Führung übernommen hat.

Von da an ergaben sich neue Aufgaben für mich, die mich wieder ins Leben zurückfinden ließen, begleitet von einem intensiven spirituellen Prozess, der mir einen neuen Zugang zur Eucharistie, zur Anbetung, zu Maria aufzeigte.

Im Zuge dieses Prozesses wurde es mir wichtig, meine Überzeugungen auch äußerlich zu zeigen. Daher entschied ich mich nach über 20 Jahren dazu, wieder das Ordenskleid zu tragen.

Ich spüre, dass dieser Prozess noch nicht abgeschlossen ist. Mein Lebensweg mit Jesus bleibt jeden Tag aufs Neue spannend und unerwartet!

Sr. Beatrix Baier, Don Bosco Schwester aus Wien

„Das musst du machen“

Portrait Bruder Paulus Terwitte

Ich will Christ sein. Das stand am Anfang. Da war ich 16 Jahre alt. Als gelernter Katholik war das ein wichtiger Durchbruch. Vom „Du musst dies und das“ zum „Ich will, ich will den Nächsten gut sein, beten, Gottesdienst feiern usw.“. Mir war klar, was getauft sein heißt: mit dem Ursprung der Welt verbunden zu werden, dem Urbild aller Menschen, mit Jesus Christus.

Warum ich das glauben konnte, weiß ich nicht. Noch weniger, warum ich es bis heute kann. Aber ich kann es. Als ich ein Jahr später dann die Kapuziner kennenlernte, war da wieder dieses Gefühl von Sicherheit wie im Jahr zuvor: Das musst du machen. Obwohl ich vorher auch die Benediktiner gesehen hatte und auch die Salesianer Don Boscos übrigens.

Gleich nach dem Abitur begann ich dann den Weg als Kapuziner. Das habe ich schon manches Mal bereut. Wie Eheleute oder Singles ihre Entscheidung auf den Prüfstand gestellt sehen. Das gehört zum Leben. Mit der beruflichen Ausformung ist es ähnlich. Ich wurde gern Priester und ich bin es immer noch gern. Aber zwischendurch geht es mir wie allen, die den Beruf ihres Lebens ergriffen haben: Da gibt es Durststrecken. Da braucht es ein klares Wissen darum, welchen Gewinn man hat, wenn man treu bleibt.

Dies zu wissen, ermutigt mich bis heute. Wer dem Weg treu bleibt, den er gewählt hat – oder sage ich mit Dag Hammarskjöld besser: Von dem er gewählt wurde? –, wird in Tiefen zu einem Grundwasser hinwachsen, das jeden Durst stillt, ihm beim Springen von hierhin nach dorthin aber verborgen bleibt.

Br. Paulus Terwitte, Kapuziner aus München

„Ich musste erst mal katholisch werden“

Portrait Schwester Cora Küfner

Ich stamme aus der ehemaligen DDR, war weder getauft noch christlich „sozialisiert“, wie man so sagt. Ich musste also erst mal katholisch werden, bevor überhaupt der Gedanke an ein Leben im Kloster aufkam. Über verschiedene Umwege habe ich in Eichstätt ein Studium begonnen, obwohl ich zunächst von diesem „strotzkatholischen Kaff“ wenig angetan war. Von einer 28.000-Einwohner-Stadt mit zwei abgeschlossenen Kirchen in ein 14.000-Einwohner-Städtchen mit sieben aktiven Kirchen (da sind die Kapellen noch nicht dabei), deren Glocken ständig auf einen niederläuten – das war schon eine Umstellung.

Mehr noch als die Glocken hat mich damals aber eine Mitstudentin genervt, die, sonst ganz intelligent und nett, wirklich täglich mindestens zweimal in eine dieser Kirchen hineinging. Wie kann jemand mit Hirn diesen Quatsch glauben? Das hat mich durchaus provoziert, und so habe ich sie irgendwann darauf angesprochen. Das heißt, ich habe ihr einen Brief gegeben, den ich schon länger mal geschrieben, aber nie abgegeben hatte, in welchem so ziemlich alle meine Argumente gegen den Glauben aufgelistet waren.

Wir haben uns dann sehr lange darüber unterhalten und ich habe festgestellt, dass ich eigentlich schon die ganze Zeit an diesen Gott glaube, wenn ich solche Fragen stelle. Wenn man so leidenschaftlich etwas bekämpft, ist es einem wichtig. Im Nachhinein betrachtet war das schon ein bisschen paulinisch, diese 180-Grad-Wende. An der Leidenschaft hat sich bis heute nichts geändert – nur die Richtung.

Sr. Cora Küfner, Zisterzienserin aus Panschwitz-Kuckau

„Ich würde die Entscheidung heute noch genau so treffen“

Portrait Pater Petrus Obermüller

42 Jahre bin ich nun schon Salesianer Don Boscos und ich muss sagen, die Faszination für Jesus Christus und Don Bosco, wegen der ich mit 18 in den Orden eingetreten bin, hält immer noch an.

Es gibt viele Gründe, warum ich das Ordensleben liebe. Da ich in einer Großfamilie aufgewachsen bin, habe ich mich in der großen Gemeinschaft der Salesianer von Beginn weg wohlgefühlt. Ich bin unglaublich gerne mit jungen Menschen zusammen und durfte in meinem Leben schon sehr viele Menschen auf ihrem Weg begleiten.

Natürlich gab es auch Krisen! Das ist wie in einer guten Ehe. Da fragt man sich auch hin und wieder, ob man richtig gewählt hat. Nach genauer Betrachtung stellt man dann fest, dass die Entscheidung richtig war und dass man sie auch heute noch genau so treffen würde.

In jungen Jahren habe ich manchmal gehadert damit, nicht selber eine Familie gegründet zu haben, aber je älter ich werde, desto mehr junge Menschen habe ich heranwachsen sehen, und auch wenn es nicht meine ­eigenen Kinder sind, fühle ich mich dennoch ein bisschen wie ein Vater.

P. Petrus Obermüller, Salesianer Don Boscos aus Wien


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