Seelsorge in Ghana
Der Pfarrer, der zu den Menschen kommt
Pater Robertson Sung ist einer von nur fünf einheimischen Salesianerpatres in Ghana – und auch sonst ein Unikat. Seine Gemeindemitglieder besucht er am liebsten mit dem Fahrrad.
veröffentlicht am 01.11.2017
Pater Robertsons Nachname könnte passender kaum sein. „Ich heiße Sung und das bedeutet Freundlichkeit“, erklärt der 44-Jährige. Und lacht. So wie er es oft tut über den Tag. Egal ob er die Kinder in der Krippe besucht, sich bei den Auszubildenden in der Schneiderei nach ihrem Tag erkundigt oder mit älteren Männern auf der Straße plauscht – fast jedes Gespräch mündet darin, dass Pater Robertson und sein Gegenüber lachen.
Dabei hat es der Salesianer im Alltag viel mit ernsten Themen zu tun: Der Ghanaer ist Pfarrer von „Mary Help of Christians“ in Odumase, einer Pfarrei mit nur einem weiteren Priester, wenigen finanziellen Mitteln und gut 3?.000 Gemeindemitgliedern. „Wir arbeiten nicht nur spirituell, sondern haben es in erster Linie mit Armut und Krankheit zu tun“, sagt der 44-Jährige.
Zur Gemeinde gehören neben der Stadt Odumase 13 Dörfer, das weiteste ist etwa drei Autostunden entfernt. Da die meisten Menschen es sich nicht leisten können, in die Pfarrei zu kommen, fährt Pater Robertson zu ihnen. „Ich kann nicht nur in der Pfarrei sitzen und auf die Menschen warten. Mein wichtigster Ruf als Priester ist für mich, dass ich die Menschen treffe und ihre Nöte erkenne.“ Geldmangel, Ehestreitigkeiten, Familienplanung, psychische Probleme: Die Themen sind breit gefächert. Manchmal hilft der Salesianer finanziell, zum Beispiel bei Schulgeld oder Krankenversicherung. Doch manchmal kann er nur reden, zuhören, einen Rat geben. „Oft ist das schon genug“, sagt der Pater, der seine Touren lieber mit dem Rad als mit dem Auto unternimmt, weil er so fit bleibt – und den Menschen näher ist.
„Ich wollte ein Priester werden, der innehält und die Menschen fragt, wie es ihnen geht“, sagt der Salesianer, der erst mit Ende 20 diesen Weg beschritt. Der ehemalige Messdiener hatte nie ein Kirchenamt angestrebt, sondern Labortechnik studiert und in einem Krankenhaus gearbeitet. Bis zu dem Tag, als er dort einen Salesianerpater kennenlernte, der geduldig in einer Schlange wartete, obwohl traditionelle Häuptlinge und Priester vorgelassen wurden: „Er wollte keine Sonderbehandlung.“ Diesen Salesianer besuchte Robertson Sung einige Tage später, lernte die Gemeinschaft Don Boscos kennen und kündigte seinen Job. Sein Vater wollte das zunächst nicht akzeptieren. Nach dem Tod des ältesten Sohnes sollte Robertson, der Zweitgeborene, bei der Familie bleiben, heiraten und sich um seine Eltern und Schwestern kümmern. „Aber meine Entscheidung stand fest.“
Viel Gesang und lautes Gebet
Nach Stationen in Nigeria, Tansania, Liberia und Kenia kehrte er nach Odumase zurück: „Es braucht hier einen Ghanaer, weil die Menschen die Botschaft in ihrer Sprache empfangen wollen. So haben sie das Gefühl, dass man ihre Kultur, ihre Bedürfnisse, ihren Hintergrund kennt.“ Und weil er die Bedürfnisse versteht, bietet Pater Robertson Messen, Hochzeiten und Beerdigungen mit viel Gesang und lautem Gebet. „Die Menschen sind hier verrückt nach lauten Gebeten“, sagt er lachend.
Das Lachen vergeht ihm, wenn er sich das morsche Dach seiner Kirche ansieht. „Ich habe Angst, dass etwas passiert“, sagt der Priester, der nicht weiß, woher er das Geld für Reparaturen nehmen soll: „Die Kollekte ist meist recht leer und aus dem Ausland bekomme ich keine Unterstützung für Baumaßnahmen.“ Pater Robertson hat einige Ideen, wie die Gemeinde eines Tages vielleicht Geld verdienen könnte, beispielweise über eine Privatschule, die Schulgebühren einbringt. „Doch bis dahin bleibt mir nur, zu beten.“
Mehr Informationen über die Arbeit der Salesianer Don Boscos und der Don Bosco Schwestern in Ghana bei Don Bosco Mission Bonn, Don Bosco Mission Austria und der Missionsprokur der Don Bosco Schwestern.