Rollenbilder

Was macht einen guten Vater aus?

Kinderlieb muss er sein und im Haushalt helfen. Gefühle soll er zeigen, aber natürlich männlich sein. Was auch immer das bedeutet. Unser Autor Christian Huber denkt darüber nach, was ein „guter Vater“ ist. Und wie es gelingen kann, einer zu sein.

veröffentlicht am 17.05.2023

„Das müssen sie meine Frau fragen.“
„Da bin ich mir nicht sicher, das mache ich ja ohnehin verkehrt.“
Sätze wie diese hat man früher im Kita-Alltag von Vätern häufiger gehört. Heute ist das seltener der Fall.

Woran könnte das liegen? Die Kinderbetreuung und -erziehung ist inzwischen – zum Glück – nicht mehr nur die Aufgabe der Mütter. Ich denke, eigentlich war sie das nie, allerdings hat es offensichtlich seine Zeit gebraucht, bis sich diese Einstellung auch gesellschaftlich als salonfähig durchsetzen konnte. Zumindest hier bei uns. In anderen Ländern und Regionen erregt es immer noch Aufmerksamkeit, wenn Männer mit Kinderwagen unterwegs sind oder mit ihren Kindern Zeit auf dem Spielplatz verbringen. Wie gut, dass wir diese Rollenklischees ein wenig hinter uns lassen konnten.

Männlich soll er sein – was immer das bedeutet

Ein wenig. Denn ganz so einfach ist es nicht oder zumindest noch nicht. Die Frage, was einen guten Vater ausmacht, treibt Männer jeden Alters immer wieder um und kann tatsächlich zur Belastung werden.

Von Erwartungen, die an Mütter gestellt werden, hört man sowohl in den Medien als auch im gesellschaftlichen Diskurs immer wieder. Fürsorglich soll eine Mutter sein, liebevoll und zugleich super organisiert. Der Haushalt soll ihr am Herzen liegen und natürlich soll das Wohl der Kinder immer an erster Stelle stehen. Wenn sie dann noch passabel kochen kann und kreative Ideen für Wohnung und Urlaub parat hat, scheint die Eignung als „gute“ Mutter zumindest in Ansätzen erkennbar. Eine Familienmanagerin mit Herz, mit einer hohen, am besten endlosen Belastungsgrenze eben.

Zugegeben, diese Beschreibung mag leicht zugespitzt erscheinen. Was die Rolle von Vätern angeht, ist es allerdings häufig nicht sehr viel besser. Man spricht nur viel weniger darüber oder hört kaum etwas davon. Kinderlieb muss er sein und im Haushalt helfen, also kein Macho. Gefühle soll er zeigen, aber natürlich männlich sein. Was auch immer das bedeutet. Eine starke Schulter zum Anlehnen sollte er haben und  die nötige Strenge, um bei Bedarf ein Machtwort zu sprechen. Handwerkliches Geschick ist natürlich immer noch ein Skill, auf das Mann und Vater nicht verzichten kann. Bei alledem ist selbstverständlich ein großes Maß an Geduld gefragt.

Ehrlichkeit zählt

Man merkt schnell: Trotz aller Zuspitzung sind wir immer noch häufig – bewusst oder unbewusst – in althergebrachten Rollenmustern unterwegs. Was macht ihn aber nun tatsächlich aus, einen guten Vater?

Seien Sie einfach Sie selbst! Die Authentizität ist es, was Kinder – im Übrigen nicht nur Kinder – schätzen und ernstnehmen. Das gilt natürlich auch für Mütter. Und ja, auch Jungs und Männer dürfen weinen, ohne dass es ihre Männlichkeit auch nur im Geringsten schmälern würde. Das ehrliche und reflektierte Sprechen über Gefühle ist weder einfach noch peinlich, es ist respektabel und vom Geschlecht völlig unabhängig.

Das Kind so lieben wie es ist

Welcher Vater würde sich nicht wünschen, von seinem Kind erzählt zu bekommen, wie es in ihm aussieht? Aber auch das muss vorgelebt werden. Damit meine ich nicht das Auflösen von Unterschieden zwischen Männer und Frauen. Es geht vielmehr darum, den Kindern die Möglichkeit zu geben, anhand von Vorbildern ihre eigene Identität zu finden und zu entwickeln. Gegen das gemeinsame Basteln von Vater und Sohn in der Werkstatt gibt es nichts einzuwenden. Gegen das gemeinsame Basteln von Vater und Tochter aber auch nicht, im Gegenteil.

Wenn mir die Frage, was einen guten Vater ausmacht, etwa im Elterngespräch gestellt würde, würde ich antworten: Das Allerwichtigste ist, dass dem Kind bewusst wird, dass es angenommen und geliebt ist wie es ist, dass das nicht an Bedingungen geknüpft ist. Das klingt leicht und selbstverständlich, bei genauerem Hinsehen ist es das aber manchmal nicht. Auch mal einen Fehler zugeben, sich entschuldigen. Vorbild darin sein, dass man nicht perfekt ist und es auch nicht sein muss. Liebe und Zärtlichkeit sichtbar werden lassen und auch hierbei Vorbild sein, auch hier ein gutes Bild von Männlichkeit vermitteln.

Machen Sie sich frei von Erwartungen oder Stereotypen, die ihrer inneren Stimme eigentlich nicht entsprechen. Es wird für alle ein Gewinn sein, am meisten für Sie selbst.


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