Entwicklung

Fünfjährige: motzig, dünnhäutig und liebeshungrig

Im Kindergarten sind die Fünfjährigen die „Vorschulkinder“, neben älteren Geschwistern und Spielplatz-Kindern fühlen sie sich klein. Diese widersprüchlichen Erfahrungen verunsichern sie. Ein Beitrag unseres Kooperationspartners „elternbriefe“.

veröffentlicht am 18.06.2021

Paff! Die Tür knallt zu. Aber die bebende Wut ihrer Fünfjährigen spürt die Mutter noch deutlich. „Hau’ ab, du … du Staubsauger!“, hatte die Tochter sie angebrüllt. Sicher, auch früher gab’s Knatsch ums Aufräumen und Saubermachen; aber in diesem Ton! Was soll sie davon bloß halten? Etwas später schleicht dieselbe Tochter verheult und verlegen herein. „Bist du noch böse, Mama?“ Ihr Zimmer hat sie auch aufgeräumt …

Was ist bloß los mit Charlotte? Bisher wirkte sie doch so ausgeglichen, interessierte sich für Neues, spielte friedlich allein oder mit ihren Freundinnen … Woher kommen jetzt diese Wechselbäder?
Viele Fünfjährige spüren einen Umbruch; manchmal wissen sie nicht, wohin sie gehören. Im Kindergarten sind sie jetzt die „Vorschulkinder“, die den Jüngeren die Welt erklären; neben älteren Geschwistern und Spielplatz-Kindern dagegen fühlen sie sich klein und suchen nach ihrem Platz. Diese widersprüchlichen Erfahrungen machen sie unsicher.

Große Pläne, großer Frust

So wie Charlotte. Sie spürt, dass sie etwas kann, gute Pläne und Ideen hat und sich damit zu Hause wie im Kindergarten und auf dem Spielplatz einbringen und mitgestalten kann. Sie gestaltet einen Kalender für Opa, plant eine Radtour am Fluss entlang zu Mamas Schulfreundin und deren Sohn, will mit Papa ein Brot backen, das immer so gut schmeckt. Umso frustrierter reagiert sie, wenn sie in ihrem Drang nach Selbstständigkeit und Großsein mal über das Ziel hinausgeschossen ist, ein Plan misslingt oder die Eltern sich querstellen. Manchmal explodiert sie dann – und sehnt sich gleichzeitig in einem anderen Winkel ihrer Seele nach Zuwendung und Geborgenheit und möchte sich am liebsten in Mamas oder Papas Schoß kuscheln wie früher als Einjährige.

Eltern brauchen in solchen „Phasen“ ihrer Kinder viel Verständnis und Geduld. Das hilft:

  • Dem Kind möglichst viel Selbstständigkeit zubilligen. Es braucht die Erfahrung, etwas zu können und wichtig zu sein.
  • Bei einem akuten Wutanfall nicht versuchen, das Kind schnell zu beruhigen; es braucht den Freiraum, seine Gefühle selbst zu spüren und zu verarbeiten.
  • Brücken bauen, wenn das Kind allein nicht aus dem Gefühlswirrwarr herausfindet. Einladungen zur Zusammenarbeit („Hilfst du mir mal beim Wäscheaufhängen?“) eignen sich dazu besonders.
  • Beleidigungen eindeutig zurückweisen und das Kind daran erinnern, welche Regeln des Zusammenlebens in der ­Familie gelten.
  • Dem Kind die Ausbrüche nicht nachtragen, sondern verzeihen und auf Schmuse­bedürfnisse eingehen. Zurückweisungen („Nein, du hast mir zu weh getan!“) oder Ironie („Ich hab’ gedacht, du wärst schon fünf.“) verunsichern es dagegen nur noch mehr.

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