Große Verantwortung
Wenn das eigene Kind mit 14 Jahren schwanger wird
Als ihre 14-jährige Tochter schwanger wird, steht für Julia Niermann sofort fest: Wir unterstützen unser Kind. Heute ist die Enkelin elf Monate alt und ein fester Bestandteil der Familie – mit allem, was dazu gehört.
veröffentlicht am 05.07.2023
Den Karfreitag 2022 werden wir wohl nie vergessen. Mein Mann und ich saßen abends mit einem befreundeten Ehepaar in der Küche, als unsere damals 14-jährige Tochter Mirja uns ein Foto von einem positiven Schwangerschaftstest schickte. Mir war sofort klar, was das bedeutet. Wenige Tage zuvor war ich mit Mirja Kleidung kaufen gewesen und ahnte es schon. Ich hatte mir aber vorgenommen, die Ostertage abzuwarten und hoffte immer noch, dass ich falsch liege.
Ich blieb ruhig und zeigte das Bild meinem Mann, der nicht gleich verstand. Er war sichtlich geschockt, als ich ihm sagte, es handle sich um einen Schwangerschaftstest. Schnell war klar, dass wir Mirja, die bei einer Freundin war, nachhause holen, um mit ihr persönlich zu sprechen.
Schon in der Zeit zuvor hatten wir Mirja angesehen, dass etwas nicht stimmte. Deshalb waren wir fast erleichtert, dass sie „nur“ schwanger war. Noch heute tut der Gedanke daran weh, wie lange sie die Fragen und Unsicherheiten, die die vermutete Schwangerschaft mit sich brachte, mit sich alleine ausgemacht hat. Denn beim Gynäkologen-Termin vier Tage später war sie bereits in der 24. Schwangerschaftswoche.
Endlich war die Nachricht raus
Auch als wir sie abholten, war Mirja die Anspannung deutlich anzusehen. Sie war aber auch erleichtert, dass die Nachricht nun endlich raus war. Zu Hause angekommen sagten wir ihr, dass wir sie lieben und sie unterstützen. Denn obwohl Mirja gut aufgeklärt war und die Pille genommen hatte, war sie jetzt schwanger und das war nun mal der Ist-Zustand. Eine klitzekleine Standpauke gab es aber dennoch. Natürlich haben wir alle vor Mirjas erster Untersuchung beim Gynäkologen nach dem Schwangerschaftstest gehofft, dass alles in Ordnung ist. Mit ihren 14 Jahren wäre es sicher eine große Belastung für sie gewesen, wenn das Kind nicht gesund gewesen wäre. Aber es ist zum Glück alles gut gegangen, auch bei der Geburt selbst.
Heute ist Mirjas Tochter Maylie nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken. Sie ist jetzt elf Monate alt. Das neue Familienmitglied bedeutet für uns vor allem neues Leben und viel Liebe, Spaß und Wärme im Haus. Mirja trägt selbst viel Verantwortung. Sie ist eine tolle Mama, aber natürlich braucht sie mit ihren 15 Jahren auch unsere Unterstützung. Wir begleiten sie so gut es geht, damit sie trotz der Verantwortung für Maylie auch noch etwas von ihrer Kindheit hat.
Mirja wurde für das erste Jahr nach der Geburt von der Schule befreit. Bis auf zwei Tage, an denen sie mittlerweile wieder in die Schule geht, während meine Mutter auf die Kleine aufpasst, kann sie deshalb zusammen mit Maylie ausschlafen. Morgens vor der Arbeit sehen mein Mann, der Vollzeit arbeitet, und ich die beiden nur selten. Wenn ich mittags wiederkomme, sind sie gemeinsam in den Tag gestartet.
Große Familie und gutes Netzwerk
Gott sei Dank haben wir eine große Familie hier im Umkreis und organisieren uns mit einem gut aufgestellten Netzwerk. Mirja hat immer die Option im Hintergrund, meine beiden Schwestern und meine Mutter um Hilfe zu bitten. Meine Schwestern haben selbst noch kleine Kinder und sind vormittags zuhause. Diese Sicherheit im Hinterkopf zu haben, ist sehr gut. Sie hat das aber erst zwei oder drei Mal in Anspruch genommen, als Maylie schrie und sich nicht beruhigen lassen wollte. Jede Mutter kennt diese Momente.
Den Nachmittag verbringen wir dann oft gemeinsam, zu Hause, mit Einkäufen oder mal einem Arztbesuch. Ganz normale Nachmittage eben. Manchmal nehme ich Mirja Maylie auch ab, damit sie sich mit Freundinnen treffen oder in Ruhe ihr Zimmer aufräumen kann. Besonders Jette, unsere elfjährige jüngste Tochter, ist sehr oft zuhause, während unsere 19-Jährige ihrem Alter entsprechen häufig unterwegs ist. Beide haben ein sehr gutes Verhältnis zu ihrer kleinen Nichte.
Auch Maylies Vater und seine Familie haben von Anfang an ihre Hilfe zugesagt. Sie sind fester Bestandteil in ihrem und mittlerweile auch in unserem Leben. Donnerstag ist fester Papa-Tag und in der Regel auch jedes zweite Wochenende ist Maylie zusammen mit Mirja bei ihrem Vater. Der gute Kontakt und der Austausch sind uns sehr wichtig.
Nicht immer gleicher Meinung
Wir sind sehr froh, wie viel Unterstützung unsere Tochter auch darüber hinaus von Anfang an erfahren hat: von der Schule, der Gynäkologin, in einer Beratungsstelle von Donum Vitae und natürlich auch in unserem privaten Umfeld. Dort sind wir auch von Anfang an bewusst sehr offen mit der Schwangerschaft umgegangen. So konnte gar nicht viel Gerede aufkommen. Und falls doch, konnten unsere Familie und unsere Freunde das immer schnell abblocken.
Mirja weiß auch, was sie an uns hat, und ist meist dankbar für die Unterstützung. Aber natürlich kommt ab und an auch der Teenager durch und sie will eigene Ideen oder Vorhaben durchsetzen. Und das soll auch so sein. Wir müssen nicht immer gleicher Meinung sein. Es geht auch mal der eine oder andere beleidigt in sein Zimmer. Aber wir finden immer wieder zusammen und können uns gut einigen.
Nun steht die erste große Umstellung bevor, wenn Mirja nach den Sommerferien wieder täglich zur Schule geht und Maylie in dieser Zeit bei einer Tagesmutter ist. Natürlich bringt das auch ein wenig Stress mit sich. Aber wir blicken alle positiv in die Zukunft und sind froh, dass Maylie bei uns ist. Es ist einfach schön, unsere Enkelin so nah mit aufwachsen zu sehen. Es ist, als wäre sie schon immer da gewesen.
Beratung und Hilfe
Links zu Beratungsstellen für jugendliche Schwangere finden sich in unserem Beitrag „Teenager-Schwangerschaft: Was die jungen Mütter brauchen“.