Freundschaft

Mal wieder keine Zeit

Unsere Autorin ist genervt. Schon wieder hat ihre Freundin einfach abgesagt. Keine Zeit! Stefanie Kortmann fragt sich, woran das liegt. Und fordert Mütter auf, sich Auszeiten zu nehmen. Um sich etwas Gutes zu tun und als Vorbild für die Kinder.

veröffentlicht am 10.01.2023

Es ist jedes Jahr das Gleiche. Der Jahreswechsel kommt, die Ferien starten und ich habe Zeit! Zum Beispiel für eine dieser Freundinnen, die immer sagt, wir müssten uns doch wirklich, endlich und unbedingt mal wieder treffen. Also schreibe ich ihr und schlage gleich einen Termin vor. Stunden später kommt die Nachricht: Sorry, keine Zeit, ich muss noch so viel für Weihnachten vorbereiten. Ende der Durchsage.

Das ist alles. Keine Alternativtermin, kein „Hey, schön von dir zu hören“, und erst recht auch kein Anruf, um mal kurz ein paar persönliche Worte auszutauschen. Nichts. Ich bin (mal wieder) irritiert. Ja, es ist bald Weihnachten, aber das ist ja nicht überraschend und auch im Frühling, Sommer und Herbst erhalte ich von ihr Absagen, die mir immer klar machen sollen, warum sie gerade wirklich keine Zeit hat.

Mama ist zuhause, Papa sagt Tschüss

Für eine Erklärung dieser Situation gibt es ja nur zwei Lösungen. Entweder liegt eine für mich nicht erkennbarer lange To-do-Liste auf dem Tisch, deren Aufgaben auch nur höchst persönlich erledigt werden können, oder es gibt überhaupt keinen echten Wunsch nach einem Treffen – jedenfalls nicht mit mir.

Im ersteren Fall muss ich immer wieder erstaunt feststellen, wie unterschiedlich sich hier die Mütter und Väter in meinem Freundeskreis verhalten. Während Mama ganze Tage mit besten Absichten für die Familie und den Haushalt blockt, verabredet sich Papa ohne auch nur einen Hauch von schlechtem Gewissen mit seinen Freunden: Tschüss, bin weg, wird später!

Richtig so, denke ich, denn in meiner Welt der Prioritäten wird ein Treffen mit Freunden auch immer höher im Ranking stehen als ein finaler Rundum-Hausputz. Aber was bringt es mir, wenn ich diese Meinung exklusiv habe? Ich muss müde lächeln, wenn diese Freundin bei der nächsten Begegnung erneut gestresst darüber klagt, dass der Terminkalender stets so voll ist und man ja nie Zeit hat, weder für die Freunde, noch für sich selbst. Nein, sage ich, das stimmt nicht.

Mütter sind auch soziale Wesen mit Bedürfnissen 

Die Zeit muss man sich nehmen. Oder aufhören, darüber zu jammern und bitte nicht mehr sagen, dass man sich doch wirklich, endlich und unbedingt mal wieder verabreden sollte. Das gilt erst Recht, wenn – und hier sind wir beim zweiten Fall – überhaupt kein ernsthaftes Interesse an mir besteht. Es ist völlig okay, diese Floskeln nicht auszutauschen. Und dabei wünsche ich diesem Menschen von Herzen, die eigenen Interessen wirklich, endlich und unbedingt auch mal zu verfolgen und sich nicht im Familien-Alltag komplett aufzugeben. Denn auch wir Mütter dürfen (und müssen) deutlich machen, dass wir unsere Freiheiten einfordern.

So eine Auszeit ist nicht nur gut für uns. Wir sind damit auch ein Vorbild für unsere Kinder. Mama ist eben nicht „nur“ Mama, sondern als Schwester, Nachbarin oder Mannschaftskameradin ein soziales Wesen mit Bedürfnissen. Bedürfnisse, die wir übrigens den anderen Familienmitgliedern jederzeit zugestehen. Aber wie ist das mit uns selbst? Wann werden wir außerhalb der Familie zur Mitstreiterinnen, Zuhörerinnen, Freundin? Wie oft erlauben wir uns einen Rollenwechsel, der unser Leben bereichert?

Ich greife zum Handy und schau noch mal durch die Kontakte. Mal sehen, wen ich von weiteren Putz- und Vorbereitungsplänen abbringen kann... Ich nehme mir die Zeit!


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