Sakrament

Neue Wege zur Erstkommunion

Die Erstkommunion ist noch immer ein ganz besonderes Fest. Doch die Lebenswelt der Kinder hat sich verändert. Wie eine Kirchengemeinde kreativ auf neue Bedürfnisse von Familien eingeht.

veröffentlicht am 24.02.2025

Orgelklänge erfüllen die gut besuchte Kirche. Aufgeregte Kinder ziehen mit Kerzen durch den Mittelgang, bereit für den großen Gottes­dienst. Eine Erstkommunion, wie sie auch heute noch gefeiert wird. Und doch hat sich einiges verändert. „Wir haben es mit ganz anderen Bedingungen zu tun als früher. Viele Gemeinden können nicht mehr so arbeiten wie noch vor zehn oder 20 Jahren“, sagt Aaron Torner vom Referat Katechese und Glaubenskommunikation im Bistum Mainz.

Insgesamt gehen weniger Kinder zur Erstkommunion. Und die Einladung zur Vorbereitung ist auch für katholische Familien oft der erste Kirchenkontakt seit Jahren. Dennoch ist dieses besondere Glaubensfest kein Auslaufmodell. „Für viele gehört es zur Biografie dazu und die Eltern haben die eigene Erstkommunion gut in Erinnerung.“ So wie Katja Danner aus Viernheim, die selbst aktiv in der Gemeinde ist. 2024 ist ihr Sohn mit zur Erstkommunion gegangen. Allerdings nicht am Weißen Sonntag, sondern im August.

Viernheim ist eine katholisch geprägte Kleinstadt. „Wir haben noch eine große Gemeinde mit 10.000 Katholiken und jährlich etwa 85 Kommunionkindern“, erzählt Gemeindereferentin Angela Eckart, die seit 25 Jahren die Kommunionvorbereitung koordiniert. Im Rahmen des pastoralen Prozesses im Bistum Mainz überprüfte sie vor zwei Jahren, ob die Vorbereitung noch zu den Bedürfnissen von Familien passt. „Ich habe mich mit mehreren Müttern zusammengesetzt, um über die Lebenswelt heutiger Familien zu sprechen. Sie ist so vielfältig. Neben der klassischen Mutter-Vater-Kind-Konstellation gibt es Alleinerziehende, Patchwork- und Regenbogenfamilien, geteiltes Sorgerecht, unterschiedliche Arbeitszeiten, Ganztagsschulen, Hobbys und viele verplante Wochenenden.“

Intensivkurs in den Sommerferien

Schnell ist klar, dass Familien in Bezug auf die Erstkommunion mehr Wahlmöglichkeiten brauchen. Neben der klassischen Vorbereitung in Kleingruppen, die ein halbes Jahr dauert, entwickelte Angela Eckart daher eine zweite Variante: einen einwöchigen Intensivkurs in den Sommerferien, der mit der Erstkommunionfeier abschließt. Mit der Einladung zur Vorbereitung erhalten die Familien Infos zu beiden Kursen. Beim gemeinsamen Elternabend im November können sie sich dann entscheiden.

Der langfristig angelegte Kurs startet sofort, der Intensivkurs erst rund neun Monate später. Alle Kinder werden ihre Erstkommunion in der großen Stadtkirche erleben, denn seit 2024 wird sie nur noch dort gefeiert. „Wir haben uns für die Sommervariante entschieden“, erzählt Katja Danner. „Unser Frühjahr war wegen vieler Geburtstagsfeiern schon sehr voll. Außerdem rechneten wir im August mit besserem Wetter. Und die Idee, die Vorbereitung innerhalb einer Woche in den Ferien zu absolvieren, klang einfach spannend.“

Zwei Drittel der Familien wählen im ersten und zweiten Jahr des Projektes noch den fortlaufenden Kurs in Kleingruppen, die von Eltern-Katecheten geleitet werden. Angela Eckert versorgt sie mit Informationen und Materialien. Auch über den richtigen Umgang mit den Kindern wird sehr bewusst gesprochen. Die Gemeinde-referentin geht offen mit dem Thema Missbrauch um und sorgt gegenüber den Eltern für Transparenz.

Den Sommerkurs übernimmt Angela Eckart selbst und wird tatkräftig von Eltern und Ehrenamtlichen unterstützt. Um auch diese Gruppe von Anfang an einzubinden, organisiert sie immer wieder Veranstaltungen für alle. Zum Beispiel eine Kirchenrallye, bei der die Kinder den Turm, die Glocke, die Orgel und die Sakristei erkunden. „Das war toll“, schwärmt Katja Danner. Auch „Kino in der Kirche“, die Osterfeier, Weggottesdienste und fünf verpflichtende Sonntagsmessen gehören zur gemeinsamen Vorbereitung.

Bibel-Podcast und digitaler Austausch

Jede Familie erhält eine Kinderbibel mit der Einladung, eine Geschichte daraus vorzulesen und als Audio aufzunehmen. „Daraus ist ein Podcast entstanden, an dem sich alle beteiligt haben“, erzählt Angela Eckart. Als Plattform für den gemeinsamen Austausch dient die digitale Pinnwand Padlet. „Hier werden Termine übermittelt und Absprachen getroffen. Es ist ein geschützter Raum, in dem auch Bilder geteilt werden können“, sagt die Gemeindereferentin. Katja Danner freut sich als Mutter über diesen einfachen Weg, mit anderen Eltern in Kontakt zu treten und auf dem Laufenden zu bleiben.

Vier Monate später, nachdem die Kinder aus dem klassischen Kurs zur Erstkommunion gegangen sind, beginnt dann auch der Sommerkurs für ihren Sohn. 25 Kinder im entspannten Ferienmodus und Eltern, die sich über die Betreuung freuen. Von 10:00 bis 15:30 Uhr bearbeiten die Kids die gleichen Themen wie zuvor die Kleingruppen. „Wir haben das ‚Ich‘ als Motto genommen: Ich bin getauft. Ich bin ein Königskind. Ich bin geliebt. Ich bin einmalig – auch für Gott. Ich bin begleitet. Ich bin auf der Suche“, zählt Kursleiterin Angela Eckart auf.

„Mein Sohn war total begeistert. Alles lief spielerisch und kreativ ab. Dabei ist auch ein tolles Gruppengefühl entstanden. Neben der Glaubensvermittlung haben sie zum Beispiel auch Fußabdrücke gemacht, gemeinsam Brot gebacken und einen Film geschaut“, erinnert sich Katja Danner. „Highlight für meinen Sohn war die Gestaltung des kleinen Weihwasserbeckens, das sie modellieren durften. Um es aufzufüllen, ist er nach der Kommunion sogar noch mal alleine mit dem Roller zur Kirche gefahren.“

Alle Tage enden mit einer Segenszeit, zu der Eltern, Geschwister, Großeltern, Paten und andere Herzensmenschen eingeladen sind. Für eine halbe Stunde sitzen alle zusammen. Es wird vom Tag berichtet, gesungen, das Brot geteilt. „Einmal ging es um das Kreuzzeichen. Die Kinder gaben es an ihre Gäste weiter, mein Sohn hat es seiner kleinen Schwester mit dem Finger auf die Stirn gezeichnet.“

Mut und Kreativität bei der Glaubensweitergabe

„Die Kommunionkinder eines Jahrgangs bringen unter­schiedliche Vorerfahrungen mit“, sagt Aaron Torner vom Bistum Mainz. „Das ist durchaus bereichernd. Denn gerade Kinder, die wenig über christliche Rituale oder ­Liturgie wissen, fragen oft genau nach. Zum Beispiel, warum man ein Kreuzzeichen macht. Das bringt eine gute Dynamik in die Vorbereitung.“

Perspektivisch wird die Vielfalt wohl noch wachsen. „Umso wichtiger ist es, die Bedürfnisse von Familien wahrzunehmen. Im Moment planen wir eine neue App, die es Eltern ermöglicht, mit ihrem Kind zu Hause Themen und Fragen rund um Glauben und Erstkommunion aufzugreifen.“ Auch was die Feier selbst angeht, gibt es eine größere Offenheit. So zeigt sich in einigen Gemeinden, dass Familien eine Feier im Rahmen des normalen Sonntagsgottesdienstes als für sich passender empfinden.

Auch in Viernheim wird sich in den kommenden Jahren noch vieles entwickeln. „Es braucht Mut, um Neues auszuprobieren, aber es zahlt sich aus“, ist die positive Erfahrung von Angela Eckart. „Glaubensweitergabe steht und fällt mit den Menschen, die Kirche repräsentieren“, fasst Katja Danner zusammen. „Der Sommerkurs zur Kommunionvorbereitung zeigt, wie gut Veränderung gelingen kann.“


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