Eltern-Sein
Die Wege unserer Kinder – und wohin sie uns führen
Immer wieder wird Stefanie Kortmann bewusst, wie sehr in ihrem Leben ihre Tochter Christina die Richtung vorgegeben hat. Jetzt ist das Kind zehn Jahre alt und die Mutter blickt etwas wehmütig, aber auch mit Spannung und Vorfreude auf die kommende Zeit.
veröffentlicht am 28.05.2024
Seit nun zehn Jahren bin ich Mutter und wenn ich zurückblicke, gibt es vieles, was ich mir vor dieser Zeit nicht im Traum hätte vorstellen können. Da wären zum Beispiel die bis dahin ungeahnten Gefühlswelten zwischen Liebe und Angst, die sich auftun, wenn das Kind die Welt betritt. Verrückt, wie das eigene emotionale Koordinatensystem aus den Fugen gerät!
Da wären aber auch die vielen, bis dahin unentdeckten Wege, die ich seither gegangen bin. Immer wieder wird mir bewusst, wie sehr dieser kleine Mensch die Richtung in meinem Leben angegeben hat – und das bis heute macht. Es sind die Wege, die Christina vorzeichnet seitdem ich von ihrer Existenz erfahren habe. Zu Beginn waren das der Gang in einen Geburtsvorbereitungskurs, die Besichtigung der umliegenden Kreißsäle oder der Einkaufstripp in den Babyladen, um erstmalig (und einmalig) einen Kinderwagen zu kaufen.
Raus aus der Stadt, rein ins Dorf
Mit diesem Kinderwagen sind wir viele Kilometer durch die Feldwege gezogen. Niemals hätte ich das ohne sie gemacht. Dabei war diese Zeit absolut wertvoll, denn kurz vor ihrer Geburt gab es in unserer Familie einen Sterbefall und mein Kopf hatte einiges zu verarbeiten. In frischer Luft und in Bewegung gelang das ganz gut.
Wir wechselten damals auch den Wohnort, raus aus der Großstadt, rein ins Dorf. Auch diese Entscheidung hätte ich ohne Kind nicht getroffen, denn ich mag den Trubel und das Angebot einer Stadt eigentlich ganz gerne.
Als Christina auf ihren kleinen Füßen zum ersten Mal ihre eigenen Wege entdeckte, lief ich hinterher, so wie alle Eltern das tun. Schwankend griff sie nach meinen Händen, wackelte unsicher vor mir her – und ging, so klein sie auch war, doch voran! Wenige Wochen später kam das Laufrad ins Haus und ich bestellte mir fix einen sportlichen Tretroller, um dem neuen Tempo standzuhalten: Ab ging die wilde Fahrt!
Ich ahne, es wird spannend!
Mit dem Laufrad im Gepäck fuhren wir in den Sommerurlaub. Nicht in ferne Länder, wohin es mich früher gerne zog, sondern nach Bayern. Ferien unter Familien, auch das war etwas Neues für mich. In den Bergen habe ich durch sie mit dem Klettern auch ein neues Hobby entdeckt. Wenn das Kind sich von Baum zu Baum schwingt, kraxle ich hinterher und wundere mich über mich selbst, wie selbstverständlich ich die Höhen meistere, vor denen ich eigentlich immer Respekt hatte.
Die ersten zehn Jahre unseres gemeinsamen Lebenswegs sind nun vorbei und immer mehr verlangt meine Tochter, ihre eigenen Wege zu gehen. Das ist schön und ein wenig traurig zugleich. Dafür ergeben sich nun öfter Momente, in denen sie mir etwas Neues erzählen kann. Dann lasse ich mich gerne belehren und ahne: Die nächste Zeit mit einem heranwachsenden Teenie wird noch spannend, die Wege stehen uns offen!