Kochen und essen

Fast vegetarisch: Kompromiss-Küche im Drei-Generationen-Haushalt

Stefanie Kortmann und ihre Tochter leben mit der Oma unter einem Dach. Gekocht wird für alle, gegessen gemeinsam. Das klappt ganz gut. Aber manchmal lassen sich die unterschiedlichen Vorstellungen nur mit Mühe miteinander vereinbaren.

veröffentlicht am 02.04.2024

Wie in einer erfolgreichen Fußballmannschaft, gibt es auch in unserem Drei-Generationen-Haus zwischen Oma, Mama und Enkelin eine klare Rollen- und Aufgabenverteilung. Der vereinbarte Plan gilt vor allem für die Küche, denn hier, in der Herzkammer unseres Miteinanders, geht es schon mal heiß her, auch emotional. Unterschiedliche Vorstellungen von Einkauf, Essenszeiten und Speiseplangestaltung treffen aufeinander und müssen zusammengepuzzelt werden, um den Familienfrieden zu wahren.

Klar, wir könnten unabhängig voneinander und nebeneinanderher wirtschaften, die Ausstattung ist vorhanden. Aber warum in so kleinen Portionen denken und sich zugleich die Chance auf eine gemeinsame Mahlzeit und den damit verbundenen Austausch nehmen? Weder für die Oma noch für mich ergab das je Sinn.

Am Herd ist Oma die Chefin

Also haben wir einen Plan entworfen, der allen gerecht werden soll: Den großen Einkauf und das Drumherum übernehme ich, die Zeit für das gemeinschaftliche Mittagessen bestimmt die Jüngste mit ihrem Stundenplan und am Herd hat Oma das Sagen. So weit, so gut läuft die Küche – und ja, Omas Küche ist wirklich gut!

Ihre Gerichte sind geprägt von dem, was sie selbst in ihrer Jugend gelernt und erfahren hat: Groß geworden auf einem kleinen Bauernhof, mit Hühnern, Ziegen, Hausschweinen und einem Gemüsegarten, der die Familie auch durch schwierige Zeiten brachte, kommen natürlich auch heute fast nur Mahlzeiten auf den Tisch, in denen regionale und saisonale Produkte frisch verarbeitet werden: Stielmus, Grünkohl,  Sauerkraut und natürlich Kartoffeln – all das sind Klassiker, deren Geschmack und Geruch sich durch mein Leben ziehen und die auch meine neunjährige Tochter Christina mittlerweile sehr liebt.

„Endlich Nudeln!“ 

So sind alle satt und zufrieden? Ja und nein. Denn manchmal wünscht sich die Enkelin nichts sehnsüchtiger als ein Topf mit Nudeln und Sauce – für Oma eine Kampfansage! Bei der Pasta, in ihren Augen nur „Mehl mit Wasser“, erkaltet ihre Leidenschaft für das Kochen schlagartig. Eher widerwillig – und auch nur um dem Kind ein Gefallen zu tun – kippt sie die Nudeln in den Topf und ignoriert in den nachfolgenden Minuten aus Lustlosigkeit (oder Rache?) den richtigen Garpunkt. Steht die schlabbrige Teigware dann auf dem Tisch, ist die Freude bei Christina (und auch bei mir) trotzdem groß. „Endlich Nudeln!“ jubeln wir augenzwinkernd.

Auch ich habe Wünsche, die schwer vereinbar sind mit ihrer Planung. Ich würde gerne viel häufiger auf Fleisch verzichten und bei der Suche nach Alternativen ganz viel Neues ausprobieren. Für Oma ist das schwer. Wer über 60 Jahre seinen persönlichen Speiseplan verinnerlicht hat, für den sind Hafermilch und Ackerbohnen-Pasta keine Koch-Zutaten, die wie selbstverständlich auf dem Einkaufszettel landen.

Vegetarisch mit Speck

Immerhin: Massentierhaltung findet auch sie nicht gut und so trägt sie den Gedanken mit, dass wir den Fleischkonsum grundsätzlich reduzieren. „Schau mal, heute gibt es wieder was Vegetarisches“, sagt sie dann stolz. Ich freue mich über diese Veränderung und ihre Bereitschaft, sich auf den Weg zu machen. In ihrer Küche duftet es wie immer richtig gut. Neugierig hebe ich die Deckel und muss schmunzeln: „Ist das etwa Speck in der Sauce?“


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