Abendritual

Als Familie gemeinsam den Rosenkranz beten

Eine Familie, die täglich zusammen den Rosenkranz betet. Und nicht nur das: Den Kindern macht das traditionelle Gebet sogar Freude. Wie kann das sein? Das fragt sich sogar der Familienvater, der unser Autor ist.

veröffentlicht am 01.05.2017

„Träum weiter!“, wäre noch vor ein paar Jahren meine Reaktion gewesen, hätte uns jemand vorhergesagt, wir würden als Familie jemals täglich den Rosenkranz beten. Ja, es ist ein schönes Gebet, tiefgehend und meditativ, und meine Frau und ich hatten gute Erfahrungen damit. Aber: Wenn es schon uns Erwachsenen so viel Mühe und Durchhalten kostete, wie sollten sich da erst die Kinder dafür erwärmen? Dachten wir früher. Dieselben Kinder protestieren heute, wenn wir einmal bei der Zubettbring-Prozedur zu vorgerückter Stunde eine Abkürzung machen und auf den Rosenkranz verzichten wollen. Wie das?

Alles begann beim ersten Sterbe-Jahrestag meines Vaters, als wir neun Abende den Rosenkranz beteten, im Kinderzimmer bei Kerzenlicht vor einem Marienbild. Als die Novene aus war, hielt uns irgendetwas vom Aufhören ab, sicher auch die Neugier, wo uns dieser Weg hinführen würde. Wir sahen in unserer Hand ein tolles Werkzeug, das uns schon tagsüber überlegen ließ, für wen oder was wir abends bitten wollten. Wir konnten anderen jetzt noch viel bewusster zusagen: „Wir beten für dich.“ Kleine Zeichen und „Zufälle“ signalisieren uns immer wieder, dass diese Bitten auch gehört werden, halfen uns, die nötige Ausdauer anzutrainieren und ermutigen uns zum Weitermachen.

Neben Höhepunkten gibt es auch Durststrecken

Denn neben Höhepunkten gibt es auch Durststrecken. Oft ist der Rosenkranz – vor allem anfangs die Suche nach Ruhe und Besinnung – ein Kampf. Schließlich beginnt ab dem Abendessen eine aktive Phase unserer Kinder, in der tagsüber vermisste Spielideen plötzlich nur so sprießen und noch unausgelebter Bewegungsdrang untergebracht werden will. Auch wir Eltern erschweren die Sache mitunter, wenn unsere Geduld bei Stockbett-Klettereien, Streitereien um Plüschtiere oder Trink- und Klobedürfnissen ins Straucheln kommt. Wenn wir selbst im Sekundenschlaf wegnicken oder im Anschluss noch etwas vorhaben, folglich halbherzig dabei sind und für die Kids nur noch einen Einschlaf-Zauber herbeisehnen.

Doch genauso ist der Rosenkranz für uns Lebensfreude, Beteiligung aller und jedesmal ganz anders. Zwischen den Gesetzchen singen wir, oft so beschwingt, dass die Mädels dazu tanzen, und vergrößern damit ständig unseren Liedschatz. Es gibt Gedankenimpulse, Bibeltexte, oder unsere Dreijährige bringt uns zum Lachen, wenn sie mit blühender Phantasie Bilder ihrer Kinderbibel auslegt. Auch untertags lassen sich die 50 Ave-Marias gut beten – im Auto, am Friedhof oder bei Zwischenstopps in Kirchen etwa. Wir halten uns da an Amazonas-Bischof Erwin Kräutler, der einst jeden Morgen „drei Rosenkränze lang“ den Xingu-Fluss entlangjoggte, wie er in einem Interview beiläufig erwähnte.

In der friedlichen Atmosphäre oft noch tiefsinnige Gespräche

Diese Abendbeschäftigung prägt uns, als Familie und jeden Einzelnen auf ganz eigene Weise. Unsere Sechsjährige „reserviert“ meist die ersten zehn Perlen für sich, nimmt dann schon ihren Dank für das Schöne des Tages vorweg und schlummert nach einem „Buenas noches“ selig ein. Mit unserem Größten ergeben sich in der friedlichen Atmosphäre im Anschluss oft noch tiefsinnige Gespräche. Und wir Eltern streiten kaum mehr, denn nach dieser Stunde mit Jesus und Maria – die mittlerweile wie im Flug vergeht – ist uns die Lust dazu vergangen. Für das Geschenk dieser intensiven Familienzeit, die früher nur ein kühner Traum war, sind wir sehr dankbar. Wir hoffen, es noch lange weiterführen zu können.


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