Unermüdliches Engagement
Ministrieren ohne Alterslimit: Wie Senioren den Gottesdienst beleben
Ministrieren – das ist nur etwas für Kinder? Von wegen. Die Seniorenministranten in Stöckach stehen seit Jahrzehnten mit am Altar und sorgen für eine feierliche Gestaltung der Liturgie.
veröffentlicht am 25.03.2024
Die Gaben zum Altar bringen, bei der Wandlung mit den Schellen klingeln, an Hochfesten das Weihrauchfass schwingen: Für Wolfgang Riegler und Harald Jobst ist das eingespielte Routine – und zwar seit Jahrzehnten. Jeden Sonntagabend sind sie als sogenannte Seniorenministranten in der Stöckacher Kirche Sankt Ägidius im Einsatz. Der 85-jährige Wolfgang Riegler ist seit seinem zehnten Lebensjahr Ministrant und seit 55 Jahren Seniorenministrant. Der 63-jährige Harald Jobst hat ebenfalls direkt nach seiner Erstkommunion mit dem Ministrantendienst begonnen und ist seit 35 Jahren bei den Seniorenministranten mit dabei.
„Ich finde es schade, wenn der Pfarrer alleine vorne am Altar steht. Wenn viele ehemalige Ministranten in der Kirche sitzen, können die doch gerne mitmachen und sich engagieren“, beschreibt Harald Jobst das Konzept der Seniorenministranten, abgekürzt der SMS. Genau diese Überlegung war 1965 der Auslöser, diese Gruppe in Stöckach ins Leben zu rufen. „Stöckach gehört zum Erzbistum Bamberg und liegt nördlich von Nürnberg. Wir sind hier eine Diaspora-Pfarrei“, erklärt Pfarrer Andreas Hornung. „Interessant ist für mich, dass es schon in den 60er-Jahren so wenige Kinder und Jugendliche als Ministranten gab, sodass sich der damalige Pfarrer Alternativen überlegen musste.“
Und aus der Alternative ist längst eine gut funktionierende und etablierte Tradition geworden. Vier Seniorenministranten sind zurzeit aktiv, darunter auch eine Frau. „Als ich neu hierherkam, war das für mich zunächst etwas ungewohnt“, gibt Pfarrer Andreas Hornung zu. „Da muss man sich erst einmal darauf einlassen, dass Gemeindemitglieder, die älter sind als man selbst, mit einem am Altar stehen. Aber die Seniorenministranten haben einen besonderen Wert. Sie geben Zeugnis für eine Kontinuität und eine Verwurzelung im Glauben. Eine starke Botschaft auch für unsere jugendlichen Ministrantinnen und Ministranten.“
Miteinander der Generationen
Denn die gibt es im Pfarreienverbund natürlich ebenso – und manchmal wird sogar gemeinsam ministriert. „Das ist ein tolles Bild, wenn Jung und Alt zusammen mit dem Pfarrer in die Kirche einziehen und ihren Dienst tun“, sagt Harald Jobst. „Das ist einfach ein schönes Miteinander der Generationen.“ Und Pfarrer Andreas Hornung ergänzt: „Die Seniorenministranten bestärken noch einmal die Bedeutung dieser Aufgabe. Sie zeigen, dass das Ministrieren nicht nur eine Sache für Kinder ist, sondern dass wir uns in der Gemeinde gegenseitig brauchen und füreinander da sind. Für diesen Dienst ist man nie zu alt.“
Und man verlernt auch nichts, weiß Wolfgang Riegler aus eigener Erfahrung. „Die Liturgie mit den anfallenden Aufgaben hat sich nicht verändert, eher die Einstellung dazu. Als Jugendlicher war ich damit beschäftigt, die Kelche umeinander zu tragen, zu läuten und mich auf alles genau zu konzentrieren und nichts falsch zu machen. Diese Bedenken sind nach so vielen Jahren weg. Ich übernehme jetzt zusätzlich die Lesung und helfe dabei, die Kommunion auszuteilen. Das macht mir viel Spaß. Ich erlebe das ganze Geschehen im Gottesdienst intensiver im Vergleich zu meiner Jugendzeit.“
Für Wolfgang Riegler und Harald Jobst steht fest: Solange es die Gesundheit zulässt, werden sie weiterhin jeden Sonntagabend in Sankt Ägidius ministrieren, und sie würden sich freuen, wenn noch mehr ältere Ministranten, aber auch Ministrantinnen zu ihrer Gruppe dazustoßen: „Das soll keine reine Männerveranstaltung sein“, stellt Harald Jobst klar. „Wir haben ja bereits eine weibliche Seniorenministrantin und das ist noch einmal harmonischer. Wir wollen einfach dazu animieren, es auszuprobieren. Wir lieben unsere Dorfkirche und wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass der Sonntagsgottesdienst hier feierlich und würdig gestaltet werden kann.“